
Bild: Kapuziner
Viktrizius Weiß
Am 18. Dezember 1842 wurde Anton Nikolaus Weiß in Eggenfelden geboren und am nächsten Tag in der Pfarrkirche getauft. Sein Vater war Chirurg, seine Mutter Maria Anna hatte bei den Ursulinen in Straubing eine gediegene Ausbildung erfahren.
Anton besuchte die Lateinschule in Landshut und gehörte jeweils zu den Jahrgangsbesten. Nach dem Abitur studierte er ab 1861 Philosophie und Theologie in München. Im Herbst 1862 wechselte er ins Priesterseminar nach Freising. Dort wurde er am 29. Juni 1866 zum Priester geweiht. Seine erste seelsorgliche Aufgabe übernahm er als Koadjutor in der Pfarrei St. Ursula (heute St. Sylvester) in Schwabing. Schon 1869 wurde er als Dozent in der Predigerausbildung und als Präfekt für die Studenten ans Priesterseminar Freising berufen. In kurzer Zeit promoviert er zum Doktor der Theologie mit Bestnoten.
Ihm ging es nicht um Karriere, auch wenn er indirekt doch eine gemacht hat. Ihm ging es um seine Berufung, um seinen Weg mit Gott. Er rang mit sich und wurde 1875 in den Kapuzinerorden aufgenommen. Bei der Einkleidung bekam er den Ordensnamen Viktrizius. Was ihn im innersten bewegte, kennen wir aus seinem geistlichen Tagebuch. Er strebte nach Heiligkeit: „Mittelmäßigkeit ist nicht dein Beruf.“ Es ging ihm nicht um Perfektion, nicht um Karriere, sondern um die rechte Beziehung zu Menschen und zu Gott.
Im Orden wurden seine Talente erkannt, so dass er bald in der Ausbildung der jungen Brüder eingesetzt wurde. Als Beichtvater und geistlicher Begleiter war er gesucht. 1884 wählten ihn die Brüder erstmals zum Provinzial. Insgesamt wurde er fünf Mal in diese Aufgabe berufen. Bis er 1908 darum bat, ihn nicht mehr zu wählen. In seiner Zeit übernahm er mehrere Klöster, er stimmte der Gründung der Pfarrei St. Joseph in München zu, er unterstützte seit 1889 den Aufbau des Seraphischen Liebeswerkes (Hilfe für bedürftige Kinder), 1893 übernahmen die Kapuziner das Missionsgebiet im Süden Chiles. In seiner Zeit nahm die Volksmission einen großen Aufschwung. Er lebte viele Jahre in Altötting unter anderem mit Br. Konrad von Parzham.
Viktrizius Weiß entschied sich für das Leben im Kapuzinerorden und lebte seine Berufung konsequent, ja radikal. Seine Entschiedenheit zog andere mit. Er war nicht fanatisch, aber glaubwürdig. Am Glauben, den er als Kind kennengelernt hatte, hielt er treu fest und schöpfte daraus die Kraft für seine Aufgaben. Im Umgang mit Menschen war er zugewandt und hilfsbereit. Er übernahm Verantwortung im Orden, stellte sich den Herausforderungen und setzte seine ganze Kraft ein. Auch als Provinzial blieb er Seelsorger und hat sich von der Not der Menschen berühren und fordern lassen. Große Geduld zeigte er mit geplagten Menschen. Er war entgegenkommend und behandelte Menschen gleich.
Er war 66 Jahre alt als er nach Vilsbiburg ging, wo er im Konvent Mariahilf 16 Jahre lebte. Zeitlebens verband ihn eine besondere Beziehung zur Gottesmutter Maria. Zunehmende Krankheiten machten ihm das Leben schwer. Er brauchte einen Vorleser, weil er erblindet war. Körperliche, seelische und geistige Belastungen trug er geduldig und bewahrte auch in schwerer Krankheit die Hoffnung.
Am 8. Oktober 1924 starb er im Ruf der Heiligkeit: ein geduldiger Zuhörer, ein Menschenfreund, einer, dessen Nähe guttat und der etwas von Gottes Güte spüren ließ. In seinem Verhalten war er ein Vorbild, ohne andere zu bewerten oder zu überfordern. Sein Lebensstil war einfach. Der Regensburger Bischof Antonius Henle sagte am Tag der Beisetzung: „Ich hatte schon immer das Gefühl, dass ein heiligmäßiger Mann mich seiner Freundschaft würdigte.“
Auf Wunsch der Bevölkerung wurde sein Sarg 1927 vom Klosterfriedhof in die Kirche umgebettet. 1935 wurde der Prozess zur Seligsprechung eröffnet, nach dem zweiten Weltkrieg wieder aufgenommen und bald abgeschlossen. Am 10. Mai 1979 bestätigte Papst Johannes Paul II. per Dekret, dass Viktrizius die göttlichen Tugenden (Glaube, Hoffnung, Liebe) und die Kardinaltugenden vorbildlich gelebt hatte. Seither darf er „ehrwürdiger Diener Gottes“ genannt werden.