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FOTO: OFMCAP

Papst Franziskus

1936–2025

22. April 2025

Ein persönlicher Nachruf: „Grazie Papa Francesco!“

Papst Fran­zis­kus ist im Alter von 88 Jah­ren gestor­ben. Pro­vin­zi­al Br. Hel­mut Rakow­ski berich­tet in sei­nem Nach­ruf von per­sön­li­chen Begeg­nun­gen und prä­gen­den Veränderungen. 

Wir haben bei­de fast zeit­gleich im Vati­kan begon­nen. Der Erz­bi­schof von Bue­nos Aires, Jor­ge Berg­o­glio, wur­de am 13. März 2013 in sein Amt gewählt. Ich begann im August des glei­chen Jah­res als deutsch­spra­chi­ger Mit­ar­bei­ter im Päpst­li­chen Rat für die Neue­van­ge­li­sie­rung mei­ne Tätig­keit im Vati­kan. Zuvor hat­te ich bereits 10 Jah­re in Rom ver­bracht, und man konn­te mer­ken, dass mit dem Papst „vom Ende der Welt“ etwas Neu­es ange­bro­chen war. Nicht nur wur­de der Stil schlich­ter und ein­fa­cher, die päpst­li­chen Wagen schrumpf­ten immer mehr, bis hin zum klei­nen wei­ßen Fiat 500. Auch die Pre­dig­ten wur­den kür­zer und der Papst war plötz­lich greif­bar. Und das Wich­tigs­te viel­leicht: Man konn­te im Vati­kan und in der Kir­che über Din­ge spre­chen, die vor­her undenk­bar waren: die Rol­le der Frau, das Zöli­bat, Sexua­li­tät… Es weh­te ein neu­er, fri­scher Wind.

Es war eine Über­ra­schung, als Jor­ge Berg­o­glio zum Papst gewählt wur­de. Ein Argen­ti­ni­er, ein Jesu­it, der ers­te Papst, der es wag­te, sich den Namen Fran­zis­kus zu geben. Und all das war Pro­gramm. Von Anfang an bemüh­te sich Papst Fran­zis­kus an die Peri­phe­rien zu gehen. Es waren nicht nur die räum­li­chen Rän­der, son­dern auch die sozia­len Rand­la­gen, für die er sich stets ein­setzt. Einen Kar­di­nal aus Ton­ga in Ozea­nen gab es noch nie, genau­so wenig wie einen, der als Nun­ti­us in Syri­en und damit in einem der Kri­sen­her­de die­ser Welt tätig ist. Auch sei­nen „Sozi­al­mi­nis­ter“ mach­te er zum Kar­di­nal und schick­te ihn wei­ter nachts auf die Stra­ßen Roms, um den Obdach­lo­sen bei­zu­ste­hen. Als Jesu­it ging es ihm um die Unter­schei­dung der Geis­ter, um das Abwä­gen, um die Suche nach dem, was in die­ser Zeit rich­tig und wich­tig ist.

Dem Namen Fran­zis­kus wur­de er mit sei­ner brü­der­li­chen Art, sei­ner Ein­fach­heit und sei­nem Plä­doy­er für eine arme Kir­che an der Sei­te der Armen gerecht. Die Enzy­kli­ken „Lau­da­to si“ und „Fratel­li tut­ti“ zu den The­men Bewah­rung der Schöp­fung und uni­ver­sa­le Geschwis­ter­lich­keit haben außer­halb der Kir­che wohl mehr Auf­merk­sam­keit bekom­men und bewirkt als in der Kirche.

Sei­ne ers­te Enzy­kli­ka, die er allei­ne schrieb, „Evan­ge­lii gau­di­um“ brach­te vie­le Über­ra­schun­gen. So schrieb er: „Es gibt kirch­li­che Struk­tu­ren, die eine Dyna­mik der Evan­ge­li­sie­rung beein­träch­ti­gen kön­nen; glei­cher­wei­se kön­nen die guten Struk­tu­ren nütz­lich sein, wenn ein Leben da ist, das sie beseelt, sie unter­stützt und sie beur­teilt.“ (EG 26). Er schrieb, „dass der Beicht­stuhl kei­ne Fol­ter­kam­mer sein darf, son­dern ein Ort der Barm­her­zig­keit des Herrn“ (EG 44), dass „die Eucha­ris­tie […] nicht eine Beloh­nung für die Voll­kom­me­nen, son­dern ein groß­zü­gi­ges Heil­mit­tel und eine Nah­rung für die Schwa­chen“ ist (EG 47). Er wand­te sich gegen eine Kir­che, die sich um sich selbst dreht und in Struk­tu­ren einen fal­schen Schutz sucht (vgl. EG 49). Prä­gend bleibt sein Gedan­ke: „Die Wirk­lich­keit ist wich­ti­ger als die Idee“ (EG 231–233).

Auch den Stil der Neue­van­ge­li­sie­rung präg­te er. Hat­te Bene­dikt XVI. als wich­ti­ge Schrit­te zur Erneue­rung des Glau­bens die Kate­che­se, die Beich­te und die eucha­ris­ti­sche Anbe­tung genannt, erwei­ter­te Fran­zis­kus die­ses Feld. Der Päpst­li­che Rat zur För­de­rung der Neue­van­ge­li­sie­rung, wo ich tätig war, wur­de nach und nach auch ver­ant­wort­lich für das außer­or­dent­li­che Hei­li­ge Jahr der Barm­her­zig­keit, den Welt­tag der Armen und die Wall­fahrts- und Pil­ger­or­te. Damit erwei­ter­te der Papst die Neue­van­ge­li­sie­rung um die Barm­her­zig­keit, die Cari­tas und das Pilgern.

Ich bin Fran­zis­kus mehr­mals per­sön­lich begeg­net. Manch­mal war es ein schnel­les Hän­de­schüt­teln, ein Lächeln und ein paar freund­li­che Wor­te. Auf­fäl­lig war, dass Fran­zis­kus auch in den kur­zen Momen­ten der Begeg­nung ganz bei sei­nem Gegen­über war. Ein län­ge­res Gespräch führ­te ich ein­mal nach einer der mor­gend­li­chen Werk­tags­mes­sen mit ihm über die Prä­senz der Kapu­zi­ner auf der ara­bi­schen Halb­in­sel. Ich hat­te dort zu Ostern beim Beich­ten und bei Got­tes­diens­ten aus­ge­hol­fen und er inter­es­sier­te sich sehr für mei­ne Erfah­run­gen. Die zwei­te län­ge­re Begeg­nung war nach dem Hei­li­gen Jahr der Barm­her­zig­keit. Da stand er, nur beglei­tet von sei­nem Fah­rer, völ­lig uner­war­tet in unse­ren Büros, um sich für die Arbeit zu bedan­ken. Vor Über­ra­schung über den Besuch kam kei­ner auf die Idee einen Stuhl zu holen oder einen Kaf­fee anzu­bie­ten. Nichts­des­to­trotz unter­hielt er sich eine hal­be Stun­de mit unse­rem etwa 15-köp­fi­gen Team.

Sicher hat er eini­ge Din­ge auch nicht so gemacht, wie man­che es sich wün­schen. Ich hät­te mir in eini­gen Berei­chen deut­li­che­re Ent­schei­dun­gen gewünscht. Sei­ne Spon­ta­nei­tät war nicht immer glück­lich. Sei­ne Treue zu Freun­den so stark, dass er bei Bischofs­er­nen­nun­gen Feh­ler mach­te und sich ent­schul­di­gen muss­te. Er war Jahr­gang 1936, geprägt von der Kul­tur Latein­ame­ri­kas. Er war immer auch Mensch und stand für eine mensch­li­che Kirche.

Fran­zis­kus war nicht nur ein Mann des per­sön­li­chen Hörens und der per­sön­li­chen Begeg­nung. Mit sei­nem Anlie­gen der Syn­oda­li­tät hat er die gesam­te Kir­che auf die­sen Weg gebracht. Er hat Struk­tur­re­for­men ange­sto­ßen, Frau­en in Lei­tungs­äm­ter geholt, der LGBTQ+-Community Raum gege­ben und die Fra­ge nach der Lebens­form der Pries­ter dis­ku­tie­ren las­sen. Als Ober­haupt von 1,4 Mil­li­ar­den Katho­li­ken war er sich bewusst, dass es vie­le unter­schied­li­che Mei­nun­gen und Tra­di­tio­nen gibt und daher ein Wech­sel von einer Sei­te zur ande­ren nicht ohne Spal­tung geht. Dar­um war es sein Anlie­gen, im auf­ein­an­der Hören Ver­ständ­nis zu wecken. Auch das war für den Vati­kan eine neue Hal­tung, war man dort doch gewohnt zu erklä­ren und weni­ger zuzuhören.

Gra­zie Papa Francesco!

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