

FOTO: Claudia Göpperl
BR. PAULUS TERWITTE
ist seit 1978 Kapuziner. Zurzeit lebt er im Kapuzinerkovent in München.
Eine neue Haltung für mehr Tiefe: Bitte stören!
Jede und Jeder macht Pläne, doch oft spielt das Leben ganz anders. Br. Paulus Terwitte findet: Kein Grund für Ärger, denn Kontrollverlust kann auch ein Geschenk sein.
Erstens kommt es anders und zweitens als Gott lenkt. Sie planen den perfekten Sonntag: ein bisschen Haushalt, ein bisschen Ruhe, und dann – zack! – Überraschung! Das Leben hat andere Pläne. Der Hund reißt die Decke vom Tisch, die Kinder fragen, wo die Tupperdosen hin sind oder der Nachbar will nur mal kurz reden – und bleibt zwei Stunden.
Darüber kann man sich ärgern. Oder aber eine neue Haltung dazu entwickeln. Hartmut Rosa, ein kluger Soziologe, sagt, wir versuchen zu viel zu kontrollieren. Und müssen lernen, dass das Unverfügbare, das, was in unserem Leben als Geschenk hereinschneit, oft die größte Tiefe enthält. Es passiert das Beste doch oft, wenn wir mal loslassen.
Ich finde, er hat recht: Das Leben wird spannend, wenn wir Raum für Überraschungen lassen. Darum bete ich übrigens gerne das Ave Maria. Sei gegrüßt Maria, voll der Gnade. Das sagt der Engel. Eine Überraschung, die Maria zulassen kann und wenn sie sagt: „Ich bin die Magd des Herrn“, sagt sie: Es soll nicht das Geschehen, wie ich es verfüge, sondern wie Gott über mich verfügt.
Eine solche Haltung lässt sich trainieren. Wenn Sie beim nächsten Gebet abgelenkt werden, gehen Sie dem Ablenkungsgedanken nach. Das, was Sie da gestört hat, ist vielleicht viel wichtiger als das wichtigste Gebet. Und hängen Sie ein Schild an die Tür (Ihres Herzens): Bitte stören.