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FOTO: UNSPLASH/JAVIER ALLE­GUE BARROS

28. Dezem­ber 2024

Entscheidung durch Unterscheidung – eine Anleitung

Wie kom­me ich zu einer guten Ent­schei­dung? Ratio­nal oder aus dem Bauch her­aus? Wie die soge­nann­te „Unter­schei­dung der Geis­ter“ hel­fen kann, erfah­ren Sie hier.

Leben bedeu­tet, sich ent­schei­den zu müs­sen. Man­che Ent­schei­dun­gen sind ein­fach und erge­ben sich fast wie von selbst. Ande­re wie­der­um benö­ti­gen ein gehö­ri­ges Maß an Abwä­gung und ein genau­es Hin­schau­en. Es gibt auch Situa­tio­nen, in wel­chen die Ent­schei­dung, egal wie sie aus­fällt, ein Risi­ko beinhal­tet und alle Alter­na­ti­ven gleich­be­rech­tig­te Mög­lich­kei­ten dar­stel­len. Was tun? Was hilft in sol­chen Situa­tio­nen? Wie kann ich da die gute und rich­ti­ge Ent­schei­dung treffen?

In der christ­li­chen Tra­di­ti­on gibt es eine hilf­rei­che und sehr alte Metho­de: die Unter­schei­dung der Geis­ter. Sie kann von gro­ßer Hil­fe sein, wenn es um eine Ent­schei­dungs­si­tua­ti­on oder um die Fra­ge einer Wahl geht. Unter­schie­den wer­den vor allem die Antrie­be, ob etwas gut und damit echt ist, oder ob man in einer Situa­ti­on irre­ge­lei­tet wird durch Gefüh­le, Ängs­te oder äuße­re Einflüsse.

Gefragt wird auch, ob eine Ent­schei­dung und Wahl vom Geist (auch von wel­chem Geist) geführt ist – oder eben nicht. Es geht also letzt­lich um die Fra­ge der Moti­va­ti­on einer Ent­schei­dung und die Wahl für oder gegen etwas. Was sind die trei­ben­den Grün­de und Kräf­te? Sind die­se ‚unge­sund‘ oder ‚ungut‘, oder ver­hel­fen und die­nen sie dem gelin­gen­den Leben? Oft stellt sich in mei­nem Leben die Fra­ge, ob die Stim­mung, das Gefühl und die Intui­ti­on die guten und rich­ti­gen Rat­ge­ber sind, oder ob sie nicht auch zu Fehl­ent­schei­dun­gen füh­ren kön­nen. Wie den eige­nen ‚Spleen‘ vom Geist Got­tes unterscheiden?

Für den Apos­tel Pau­lus ist die Unter­schei­dung der Geis­ter eine Gabe des Hei­li­gen Geis­tes. Die­se Gaben des Geis­tes wer­den den Chris­tin­nen und Chris­ten in der Tau­fe geschenkt. Pau­lus nennt auch die Früch­te der Unterscheidung:

„Die Frucht des Geis­tes aber ist Lie­be, Freu­de, Frie­de, Lang­mut, Freund­lich­keit, Güte, Treue, Sanft­mut und Selbst­be­herr­schung“ (Gal 5,22)

Die Gefüh­le sowie der Ver­stand spie­len eine wesent­li­che Rol­le in Ent­schei­dungs­si­tua­tio­nen. Bei­des ist not­wen­dig. Schlägt die Waa­ge zuguns­ten der einen Sei­te aus, so stimmt etwas nicht. Ratio­na­li­tät und Gefühl sind bei­de gleich­wer­tig wich­ti­ge Fak­to­ren einer geleb­ten Spi­ri­tua­li­tät. Nur aus dem Bauch her­aus zu urtei­len kann eben­so zu ungu­ten Ent­schei­dun­gen füh­ren, wie das rest­lo­se und ein­zi­ge Ver­trau­en in das Den­ken und den Verstand.

Mit Bezug auf Igna­ti­us von Loyo­la und moder­ne psy­cho­lo­gi­sche Rat­ge­ber (die Emp­feh­lun­gen sind in vie­len Schrit­ten fast deckungs­gleich) kann ein Weg der Unter­schei­dung der Geis­ter in sie­ben Schrit­ten erfolgen:

Schritt 1

Ich fra­ge mich, ob über­haupt eine Ent­schei­dung ansteht – und was soll ent­schie­den wer­den? Was ist das Ziel? Je mehr Klar­heit ich dar­über habe, umso bes­ser kann ich die Ent­schei­dung tref­fen. Oft­mals steht gar kei­ne wirk­li­che Ent­schei­dung an und der Weg ist klar.

Schritt 2

Wie sehen die Alter­na­ti­ven zu der Ent­schei­dung aus? Zwi­schen was muss ich abwägen?

Schritt 3

Wel­che Fak­ten und Infor­ma­tio­nen gibt es? Wel­che spre­chen für die­se Ent­schei­dung, wel­che für jene? Hier emp­fiehlt sich eine nüch­ter­ne Pro- und Kon­tra-Lis­te: auf der rech­ten Sei­te lis­te ich die Pros, und auf der lin­ken Sei­te die Kon­tras auf.

Schritt 4

Wel­che Gefüh­le stel­len sich in der Betrach­tung die­ser fer­ti­gen Lis­te ein? Wo geht mei­ne Intui­ti­on hin? Emo­tio­nen spie­len eine wich­ti­ge Rol­le und ergän­zen das ratio­na­le Hin­schau­en. In der geist­li­chen Tra­di­ti­on ist an die­ser Stel­le die Rede von dem „Ver­kos­ten“ der inne­ren Regun­gen und Gefüh­le. Es geht um ein Nach­spü­ren: Was lösen die Alter­na­ti­ven inner­lich bei mir aus? Beun­ru­hi­gung? Sicher­heit? Klar­heit? Verunsicherung?

Schritt 5

Die Unter­schei­dung der Geis­ter ist eine Gabe des hei­li­gen Geis­tes. An die­ser Stel­le tut es gut, wenn ich Gott um Rat, ihn um die Frei­heit und Geduld bit­te, eine gute Ent­schei­dung zu tref­fen. In den psy­cho­lo­gi­schen Rat­ge­bern steht an die­ser Stel­le die Emp­feh­lung, den Rat einer Freun­din oder eines Freun­des, der Fami­lie etc. einzuholen.

Schritt 6

Der nächs­te Schritt über­prüft die Zukunft. In Anbe­tracht der Alter­na­ti­ven und Emo­tio­nen mit Blick auf die Zukunft: Was löst die Ent­schei­dung A oder die Ent­schei­dung B in mir aus? Wenn ich die­sen Weg ein­schla­ge, wel­che Gefüh­le stel­len sich ein: Angst, Mut­lo­sig­keit, Freu­de, das Gefühl von „Ja, das ist es“? Es gibt oft nicht die per­fek­te Ent­schei­dung. Der Aus­gang ist viel­fach offen. Mut ist gefragt.

Schritt 7

Ich set­ze die Ent­schei­dung um. Die­se ist nur so gut wie mei­ne Bereit­schaft, sie kon­se­quent zu rea­li­sie­ren. Mut zur Ent­schei­dung und zur Hand­lung sind entscheidend.

 

Autor: Br. Tho­mas Dien­berg. Der Kapu­zi­ner ist Pro­fes­sor für Theo­lo­gie der Spi­ri­tua­li­tät an der Phi­lo­so­phisch-Theo­lo­gi­schen Hoch­schu­le Müns­ter (PTH) und lehrt seit eini­gen Jah­ren an Hoch­schu­len in New York, Rom und meh­re­ren ande­ren Orten welt­weit. Br. Tho­mas Dien­berg ist Lei­ter von IUNC­TUS, dem Kom­pe­tenz­zen­trum für Spi­ri­tua­li­tät in Münster.

Der Text ist zuerst in cap!, dem Maga­zin der Kapu­zi­ner, erschie­nen.

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