
FOTO: KAPUZINER/LEMRICH
BR. LAURENTIUS WENK
trat 1981 in den Kapuzinerorden ein. Der Ordensmann und Priester (Jahrgang 1958) leitet die Kapuzinergemeinschaft im Kloster Münster seit 2023.
„Fasten kann heilsam sein für Körper und Seele“
In der Fastenzeit bereiten sich Christinnen und Christen auf das Osterfest vor. Wieso Christen fasten und was die Kennzeichen der Fastenzeit sind, das sagt Br. Laurentius Wenk im Interview.
Br. Laurentius, was haben Sie sich für die Fastenzeit vorgenommen?
Br. Laurentius Wenk: Mich regt die Fastenzeit jedes Jahr an, mir Gedanken zu machen, wie ich diese gestalten möchte. Die Zeit bis Ostern ist ja überschaubar und da will ich auch einen Akzent setzen in meiner Lebensweise, die mich dem Leben näher bringt. Dieses Jahr zum Beispiel will ich mein Augenmerk auf eine gesunde Ernährung legen.
Wieso fasten Christen überhaupt?
Christen fasten, weil sie sich auf das Osterfest, das Fest der Auferstehung Jesu, vorbereiten. Jesus hat einen hohen Preis für unsere Erlösung bezahlt, indem er sein Leben aus Liebe zu uns Menschen hingegeben hat. Uns in der Liebe zum Mitmenschen, zur Schöpfung und zu Gott neu einzuüben beziehungsweise sie zu vertiefen, ist auch ein wichtiger Sinn beim Fasten.
Gibt es neben dem Fasten noch andere Säulen der Fastenzeit?
Neben dem leiblichen Fasten sind das Gebet, die Stille, die Mediation auch wichtige Säulen in der Fastenzeit. Im Gebet in den Dialog mit Gott zu gehen, ihm unseren Lobpreis – auch mit anderen zusammen – darzubringen, tut dem Menschen gut. Dazu im Alltag wieder mehr Zeit und vor allem eine feste Zeit einzuräumen, ist meines Erachtens heilsam und der Mensch wird dankbarer und auf das Wesentliche hin zentrierter. Von daher bin ich als Ordensmann dankbar für unser regelmäßiges Stundengebet, das wir gemeinsam verrichten.
Geht es beim Fasten nur um Speisen und Getränke? Oder kann ich auch Handy-Fasten?
Das leibliche Fasten kann heute meines Erachtens zum einen unseren Blick auf unser Essverhalten lenken und uns anregen, uns gesund zu ernähren. Zum anderen gibt es das Fasten wie es Jesus in der Wüste vierzig Tage lang gemacht hat, das heißt ganz auf die Nahrung zu verzichten. Das sollte aber gut überlegt geschehen und am besten auch mit anderen zusammen angegangen werden. Solch ein Fasten kann sehr heilsam sein für den Körper und Seele. Es kann uns zum anderen helfen unsere Beziehung zu Gott und zu den Mitmenschen zu klären und anregen, Unversöhntes in uns aufzudecken und Schritte zur Vergebung anzugehen. Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen sollten das nur in Absprache mit dem Arzt machen. Zur Frage nach dem Handy: Handyfasten halte ich für sehr gut! Ich selbst benutze das Handy ganz wenig. Es ist wichtig, die Zeit, die wir im Internet und in den sozialen Medien verbringen, klar zu beschränken, denn sie übt eine Sogwirkung auf den Menschen aus.
Gibt es im Kloster in Münster ein Gemeinschafts-Fasten?
Wir Kapuzinerbrüder haben das ganze Jahr über die Gewohnheit, an drei Tagen in der Woche kein Fleisch zu essen. In der Fastenzeit überlegen wir uns noch einen zusätzlichen Akzent: zum Beispiel, dass wir an den Werktagen auf den Nachtisch verzichten. In anderen Klöstern wird manchmal auch eine Mahlzeit am Tag schweigend eingenommen.
Am Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit mit einem Aschenkreuz. Warum?
Genau, die österliche Bußzeit, wie wir die Fastenzeit auch nennen, beginnt mit dem Aschermittwoch. Im Gottesdienst an diesem ersten Tag der Fastenzeit lässt sich der Gläubige das Aschenkreuz aufs Haupt legen zum Zeichen, dass unser Leben begrenzt ist. Dieses Zeichen lädt uns Christen ein, umzukehren und uns im Glauben noch mehr mit Gott zu verbinden, unser Leben und Handeln noch mehr am Evangelium und Beispiel Jesu auszurichten.
Viele nutzen die Fastenzeit, um die vergessenen Neujahrsvorsätze wieder rauszukramen – ganz ohne religiösen Hintergrund. Wie finden Sie das?
Wenn das Fasten mich zu einer gesünderen Ernährung, zu mehr Bewegung und zu einem nachhaltigeren und ökologisch verantwortbaren, friedlichen und menschenfreundlichen Lebensstiel hinführt, kann das meines Erachtens sehr sinnvoll sein. Wenn das allerdings nur ein paar Tage anhält und ich danach in die alten Muster zurückfalle, dann ist die Mühe vergebens gewesen. Führen diese Vorsätze zur dauerhaften Verbesserung meiner Lebensweise, dann halte ich sie für sinnvoll.
Fasten ist voll im Trend, etwa Intervall-Fasten. Wie stehts um die Fastenzeit, gibt es da auch wachsendes Interesse?
Ein wachsendes Interesse beobachte ich bei Menschen für eine (kurze) stille Zeit am Tag für das Gebet. Ob das am Morgen oder am Abend ist, sich da ein paar Minuten bewusst Zeit zu nehmen für Gott, einen Satz aus dem Evangelium mit in den Tag zu nehmen oder am Abend einen Tagesrückblick mit einem Dank an Gott. Das wünschen sich Menschen. So ein Ritual einzuüben in der Fastenzeit, und dann vielleicht auch danach beizubehalten, das tut gut.
Man könnte sich in der Fastenzeit auch etwas positives vornehmen, oder geht das an der Idee vorbei?
Momentan gehen Menschen auf die Straße und demonstrieren für Demokratie, für mehr Klimaschutz oder gegen den Rechtsruck in der Politik. Das halte ich für sehr sinnvoll. Aber genauso, wenn Menschen überlegen, wie sie ihre Zeit sinnvoll einsetzen können, und sich ehrenamtlich engagieren. Etwa bei der Tafel, mit einem Besuch des einsamen Nachbarns, oder einem ehrenamtlichen Besuchsdienst in einem Hospiz oder Pflegeheim. Das kann sehr bereichernd für alle Beteiligte sein. Das ist konkrete Nächstenliebe und eine wichtige Säule des ganzheitlichen Fastens.