Interview

FOTO: KAPU­ZI­NER

Br. Auguste Agounkpé

ist Kapu­zi­ner in Ben­in und setzt sich dort für die Rech­te benach­tei­lig­ter Kin­der ein. 

9. Okto­ber 2025

Kampf gegen ritualisierten Kindsmord in Benin

Der Kapu­zi­ner Br. Augus­te Ago­unk­pé lebt und arbei­tet im afri­ka­ni­schen Ben­in am Golf von Gui­nea. Dort setzt er sich für soge­nann­te „Hexen­kin­der“ ein, die mit dem Tod bedroht wer­den. Im Inter­view erzählt er von Wider­stän­den und der Hoff­nung, die ihn antreibt.

Wie begann ihr Ein­satz für die soge­nann­ten „Hexen­kin­der“?

Br. Augus­te Ago­unk­pé: Nach einer Ein­la­dung der fran­zis­ka­ni­schen Nicht-Regie­rungs-Orga­ni­sa­ti­on Fran­ciscans Inter­na­tio­nal zu einer Schu­lung zum The­ma „Moder­ne For­men der Skla­ve­rei“ im Okto­ber 2007 in Genf, wur­de das The­ma der soge­nann­ten „Hexen­kin­der“ inter­na­tio­nal the­ma­ti­siert. Die­se Akti­on trug dazu bei, die Auf­merk­sam­keit auf das Pro­blem zu len­ken. Wir woll­ten uns damit aber nicht zufrie­den geben und beschlos­sen im sel­ben Jahr, ein natio­na­les Forum zum The­ma der ritu­el­len Kinds­tö­tung, soge­nann­ter „Hexen­kin­der“, zu orga­ni­sie­ren. Ver­schie­de­nen Insti­tu­te und Gemein­schaf­ten schlos­sen sich zusam­men, um ihre Aktio­nen wirk­sa­mer zu gestal­ten und so den Stimm­lo­sen eine Stim­me zu geben. Unser Ziel war vor allem, das Recht auf Leben, Über­le­ben und Bil­dung der Hexe­rei beschul­dig­ter Kin­der zu verteidigen.

Die­se Kin­der wer­den getö­tet oder ausgesetzt. 

Ja. Man spricht hier von einem ritu­el­len Kinds­mord. Es geht um die Tötung eines Kin­des, des­sen Geburts­be­din­gun­gen gegen die Nor­men ver­sto­ßen, weil sie als böses Zei­chen, Fluch oder Hexe­rei inter­pre­tiert wer­den. Kin­der, die in Steiß­la­ge, mit den Füßen vor­an oder mit dem Gesicht vor­an gebo­ren wer­den, sind bedroht. Eben­so Kin­der mit Zahn­be­schwer­den, Miss­bil­dun­gen oder Früh­ge­bo­re­ne. Sie wer­den getö­tet oder aus­ge­setzt. Vor allem die Stäm­me der Bari­ba, Boo und Fula­ni, die im Nor­den unse­res Lan­des haupt­säch­lich von Land­wirt­schaft und Vieh­zucht leben, bege­hen die­se Art der Kindstötung.

Sie ver­su­chen, die­se Kin­der zu ret­ten und ihnen in ver­schie­de­nen Ein­rich­tun­gen eine Zukunft zu ermög­li­chen. Wie vie­le Kin­der sind der­zeit bei Ihnen?

Wir haben in Para­kou im Distrikt Tou­rou das Frie­dens­zen­trum „St. Fran­zis­kus von Assi­si“ errich­tet. Das Zen­trum wur­de am 6. Febru­ar 2025 eröff­net. Wir betreu­en dort der­zeit 22 Kin­der. Dabei han­delt es sich nicht nur um soge­nann­te „Hexen­kin­der“, son­dern auch um Stra­ßen­kin­der und Kin­der mit Behinderungen.

Mit wel­chen Schwie­rig­kei­ten hat­ten Sie bei der Errich­tung zu kämpfen?

Anfangs war es nicht ein­fach mit mei­nem Ordens-Obe­ren, der das Pro­jekt nicht rich­tig ver­stand. Ich wur­de nicht unter­stützt, son­dern eher ent­mu­tigt. Ich weiß nicht, woher ich die Kraft nahm. Trotz des Wider­stands mach­te ich wei­ter, bis dann mein Obe­rer erkann­te, was ich tat, und mich in mei­ner Arbeit unterstützte.

Was ist Ihre Hoff­nung für die­se Kinder?

Ich wün­sche mir, dass die­se Kin­der eine Zukunft haben, die sie selbst gestal­ten und auf­bau­en kön­nen. Dass sie eine Fami­lie grün­den und für ihre Kin­der sor­gen können.

Gelingt es Ihnen auch, die vor­han­de­nen Tra­di­tio­nen und Struk­tu­ren zu verändern?

Wir arbei­ten dar­an. Es geht dar­um, die Kul­tur die­ser Gemein­schaf­ten und Stäm­me durch Sen­si­bi­li­sie­rungs­kam­pa­gnen zu ver­än­dern, die wir jedes Jahr in den Dör­fern orga­ni­sie­ren, in denen die­ses Phä­no­men auf­tritt. In den Dör­fern tref­fen wir uns mit den Behör­den und dem Bür­ger­meis­ter. Wir gehen selbst in die Dör­fer, um öffent­li­che Kam­pa­gnen durch­zu­füh­ren. Wir bie­ten Schu­lun­gen an und es gibt eine Heb­am­me, die alles von der Schwan­ger­schaft bis zur Geburt erklärt. Sie erklärt, was im weib­li­chen Kör­per bei der Schwan­ger­schaft pas­siert. Im Nor­den arbei­ten Frau­en auch wäh­rend der Schwan­ger­schaft auf den Fel­dern. Sie ris­kie­ren, Frucht­was­ser zu ver­lie­ren. Sie erklärt all das, damit die Frau­en ver­ste­hen, dass das Kind nicht schuld ist, wenn es eine Posi­ti­on ein­nimmt, die nicht der tra­di­tio­nel­len Vor­stel­lung ent­spricht. Wir orga­ni­sie­ren jedes Jahr ein oder zwei Kampagnen.

Wel­che Bot­schaft wol­len Sie in die Welt tragen?

Ritua­li­sier­ter Kinds­mord ist eine Rea­li­tät. Aber er kann besiegt wer­den, wenn wir nicht auf­ge­ben! Wir wer­den so lan­ge kämp­fen, bis die Tötung von Kin­dern auf­hört – mit Got­tes Gna­de und dank der Unter­stüt­zung vie­ler Part­ner, auch aus Deutsch­land. Dank ihrer Hil­fe konn­ten wir erst unser Zen­trum errich­ten, das die Kin­der aufnimmt.

Was wür­de Fran­zis­kus heu­te zu Ihrer Arbeit sagen?

Der hei­li­ge Franz von Assi­si stand immer auf der Sei­te der Armen. Er war die Stim­me der­je­ni­gen, die man stumm gemacht hat. Er wür­de sich bestimmt sehr über die Arbeit, die wir, sei­ne Brü­der und Schwes­tern, welt­weit leis­ten, freu­en. Wir wol­len hier im Nor­den Benins Kin­der ret­ten und ihnen ihre Wür­de zurück­ge­ben. Wir alle sind Got­tes Söh­ne und Töch­ter, auch die­je­ni­gen, die von der Gesell­schaft aus­ge­grenzt und aus­ge­sto­ßen werden.

Das Inter­view führ­te Br. Jens Kusenberg

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