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FOTO: KNA/Christopher Beschnitt

26. Juni 2025

Eichstätt: Eheleute pflegen alten Klosterfriedhof

Wal­bur­ga Stuf­ler ist 90 Jah­re alt, ihr Mann Vitus 89. Bei­de könn­ten lan­ge im Ruhe­stand sein. Aber von wegen: Sie küm­mern sich im ober­baye­ri­schen Eich­stätt um einen eins­ti­gen Fried­hof der Kapu­zi­ner. Was treibt sie an?

Manch­mal liegt das Para­dies gleich neben dem Fried­hof: Alte Obst­bäu­me spen­den Schat­ten, wil­de Rosen blü­hen, eine Amsel tiri­liert. So idyl­lisch prä­sen­tiert sich der Gar­ten des ehe­ma­li­gen Kapu­zi­ner­klos­ters im ober­baye­ri­schen Eich­stätt. „Ein wah­rer Gar­ten Eden, kann man schon sagen“, meint Wal­bur­ga Stuf­ler und lässt ihren Blick übers sat­te Grün von Gras und Gemü­se­setz­lin­gen wan­dern. Aber die Amsel, sagt sie dann, die kön­ne einen schon fuch­sig machen: Immer wie­der rup­fe sie im frisch gehark­ten Beet rum!

Wal­bur­ga Stuf­ler sitzt auf einer Bank, dane­ben ihr Mann Vitus. Sie ist 90 Jah­re alt, er 89, seit über 65 Jah­ren sind sie ver­hei­ra­tet. Ande­re Leu­te genie­ßen da längst ihren Ruhe­stand – wenn sie denn noch am Leben sind. Die Stuf­lers sind es, und wie: Sie arbei­ten bis heu­te mehr oder min­der täg­lich. Ehren­amt­lich pfle­gen sie den alten Kapu­zi­ner­fried­hof neben dem eins­ti­gen Klos­ter­gar­ten, seit der Orden Eich­stätt vor mehr als einem Jahr­zehnt ver­las­sen hat; im Gar­ten wie­der­um züch­ten Stu­den­ten der benach­bar­ten Katho­li­schen Uni­ver­si­tät Schö­nes und Essbares.

Macht es den Stuf­lers etwas aus, beim Pflan­zen, Jäten und Wäs­sern stän­dig auf Grä­ber zu bli­cken, zumal in ihrem Alter? „Ach nein“, wehrt sie ab. „Wir hegen ja auch die unse­rer Eltern. Das ist ganz nor­mal.“ Er nickt. Nach dem Grund für ihren Ein­satz gefragt, holt die Senio­rin aus. Schon von klein auf habe sie die Kapu­zi­ner gekannt. „Die sind frü­her zum Bet­teln raus aufs Dorf gekom­men“, erzählt die 90-Jäh­ri­ge aus Adel­schlag im Eich­stät­ter Umland. „Geld, Eier, Kar­tof­feln ham’s geholt und dafür geweih­te Samen von Blu­men und Gemü­se gebracht, Samen hier aus dem Gar­ten.“ Auch in der Seel­sor­ge hät­ten sie geholfen.

Außer­dem habe eine inzwi­schen ver­stor­be­ne Cou­si­ne von ihr als Haus­häl­te­rin beim Eich­stät­ter Bischof Gre­gor Maria Han­ke geschafft, berich­tet Wal­bur­ga Stuf­ler. Auch für die Kapu­zi­ner habe sie gear­bei­tet. „Und wir haben ihr immer wie­der gehol­fen.“ So sind die Stuf­lers rein­ge­wach­sen in ihr Ehrenamt.

Und rein­wach­sen, das tut auch die Fet­te Hen­ne vom Rand der Grä­ber, rein­wach­sen in den Kies­weg. Wal­bur­ga Stuf­ler bückt sich und zupft ein paar Trie­be ab. Auf­ge­stan­den von der Bank im „Gar­ten Eden“, wuselt sie nun geschäf­tig über den Got­tes­acker. Alle paar Meter fährt ihre Hacke auf ein Unkraut nie­der. „Mit Gift wol­len wir nix zu tun haben!“ Die Schöp­fung müs­se man zäu­men, aber verantwortungsvoll.

„Da, schaun’s, des ist das Werk der Amsel!“, ruft die Senio­rin dann. Ein Tritt­stein im Beet ist voll von Erde. Macht nichts: Ihr Mann, gera­de den Was­ser­schlauch in der Hand, spritzt das Cha­os weg. „Jeden zwei­ten Tag komm ich zum Gie­ßen“, erzählt er. „Meist schon früh um sechs.“

Wäh­rend er es bestän­dig brau­sen lässt, klingt und knirscht es bei ihr immer wie­der neu im Kies. Stil­le Beob­ach­ter die­ses Flei­ßes sind Grab­stei­ne mit Namen wie P. Hein­rich, Fr. Feli­zi­an und Br. Dago­bert. „Pater, Fra­ter, Bru­der“, erklärt Wal­bur­ga Stuf­ler. „Eini­ge hab ich gekannt. Die haben alle so viel gear­bei­tet, waren so spar­sam und immer freund­lich.“ Ech­te Vor­bil­der! Kur­zes Inne­hal­ten. Aber dann: Da welkt was an den Got­tes­au­gen – das muss abge­knipst wer­den! Got­tes­au­gen? „So sagt man zu den Eisbegonien.“

Was ist, wenn sie eines Tages nicht mehr kön­nen soll­ten, die Stuf­lers? Wer knipst dann die Got­tes­au­gen ab? Drei Kin­der, sechs Enkel und drei Uren­kel hat das Paar. Mag davon jemand ihre Auf­ga­be über­neh­men? Ein Sohn hel­fe ihnen schon, sagt Wal­bur­ga Stuf­ler. Wenn auch eher den Eltern zulie­be als um des Gar­tens wil­len. „Na, der Bischof hat uns ver­si­chert, dass er jeder­zeit einen Betrieb mit der Pfle­ge beauf­tra­gen kann.“

Der Bischof hat den bei­den auch eine Aus­zeich­nung ver­lie­hen. Ver­gan­ge­nen Herbst wür­dig­te er sie mit der Bis­tums­me­dail­le in Sil­ber. „Und er lädt uns immer mal wie­der zu Got­tes­diens­ten in sei­ne Haus­ka­pel­le ein“, ver­rät Wal­bur­ga Stuf­ler. „Das ist unser größ­ter Schatz, das gibt uns so viel Kraft.“ Wie zum Beweis erstrahlt ihr Gesicht noch eine Spur froh­ge­sinn­ter als ohne­hin schon.

Dann geht das Hacken wei­ter, das Brau­sen hör­te ohne­hin nicht auf. Bald aber werden’s die Stuf­lers für heu­te geschafft haben und zum Abschluss wie immer ein Vater­un­ser zwi­schen den Grä­bern spre­chen. „Wir arbei­ten für Got­tes­lohn“, sind sich die Ehe­leu­te einig. „Wir sind dank­bar, dass es unse­rer Fami­lie gut geht.“

Und was kommt nach dem Fei­er­abend? Auf der Bank den „Gar­ten Eden“ genie­ßen? „Daheim geht’s wei­ter“, erwi­dert Wal­bur­ga Stuf­ler, „da haben wir ja auch einen Gar­ten.“ Das Para­dies kann warten.

Text und Bil­der: KNA/Christopher Beschnitt

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