

FOTO: KAPUZINER/MARIUS JACOBY
Die heilige Elisabeth – ein Vorbild für die heutige Zeit
Ihr Leben war kurz, aber intensiv: Die heilige Elisabeth von Thüringen (1207–1231) war temperamentvoll, durchsetzungsstark und ausdauernd. Von ihr können wir uns noch heute viel abschauen, sagt Br. Marinus Parzinger in seinem Impuls.
Elisabeth von Thüringen, eine Königstochter aus Ungarn, lebte auf der Wartburg in Thüringen. Mit 24 Jahren starb sie am 17. November 1231, am 19. November wurde sie beigesetzt. Schon 1235 wurde sie heilig gesprochen. Elisabeth ist uns gerade heute ein Vorbild – für ein christliches Miteinander und in der Hilfe für bedürftige Menschen.
Sie ist eine Frau des Mittelalters, die bis heute beispielgebend ist. Sie versuchte, Jesus ähnlich radikal nachzufolgen wie Franz von Assisi. Sie glaubte, dass ihr in jedem Armen Christus selbst begegne. Sie ist die Patronin der Nächstenliebe, der Caritas und vieler Schwesterngemeinschaften, die Krankenhäuser führen. Der hebräische Name Elischeba bedeutet ins Deutsche übersetzt: „Mein Gott ist Lebensfülle.“
Als Überflutung, Hunger und Seuchen Thüringen heimsuchen, lässt sie die Kornkammern der landgräflichen Besitzungen öffnen. Allein rund um die Wartburg lässt sie tagtäglich rund 900 Bedürftige speisen. Ihr Mann billigt das. Er gründet ein Hospital in Gotha (1223- 26), 1226 eines unterhalb der Wartburg. Beide stiften 1227 ein Franziskanerkloster in Eisenach. Am 11. September 1227 stirbt ihr Mann Ludwig in Süditalien an einer Seuche. Sie zieht nach Marburg, wo sie ein Hospital gründet. Die Kapelle wird dem heiligen Franziskus gewidmet. Sie ist damit die erste Franziskus geweihte Kirche nördlich der Alpen.
Dargestellt wird Elisabeth von Thüringen mit Rosen in der Schürze, mit einem Brot oder mit einem Kreuz in der Hand. Es war ihr verboten, den Armen Brot zu bringen. Als sie wieder einmal auf dem Weg aufgehalten und kontrolliert wurde, hatte sich das Brot, das sie den Armen bringen wollte, in Rosen verwandelt. Diese Legende trifft den Kern ihrer Gesinnung, nämlich die Hinwendung zu den Armen und Kranken. An Elisabeth können wir ablesen, wie die Suche nach Gott auch das Verhältnis zu anderen Menschen verändert. Wer von Gott her auf die Menschen zugeht und Liebe zu schenken sich müht, der wird auch wieder tiefer zu Gott hingeführt. Und wer für Gott Zeit hat, dem wird es leichter, auch den Menschen zu dienen und sie zu lieben. Gottes- und Nächstenliebe gehören zusammen.
Das Gebet an ihrem Festtag spricht davon, dass sie sich aus Liebe zu Gott und den Menschen hat verzehren lassen, wie eine Kerze, die von zwei Seiten brennt. Papst Gregor IX. sagte bei der Heiligsprechung 1235: „Feurig hat sie Gott und den Nächsten geliebt.“
Heute ist Elisabeth für uns ein Vorbild in sozialer Arbeit und der Fürsorge für Arme und Bedürftige. Die folgenden Anstöße sollen zum Weiterdenken anregen.
- Sich selber ein Bild verschaffen
Elisabeth kannte die Not der Menschen. Sie hatte sich selbst ein Bild davon gemacht. Sie wollte dauerhaft helfen und nicht abhängig machen. Beispielsweise gab sie Werkzeug dem, der arbeiten konnte. Schmarotzertum duldete sich nicht. Sie zeichnete sich aus durch Menschenkenntnis und Durchhaltevermögen
- Zielführende Strukturen schaffen
Armenpflege war damals Männersache. Elisabeth setzte sich durch und entwickelte effizientere Ideen der Armenfürsorge. Sie gründete Spitäler in Eisenach, Gotha und Marburg. Sie leistete nicht nur Pflege, sondern leitete diese Institutionen. Verantwortung im öffentlichen Leben hatte man bis dahin Frauen nicht zugetraut.
- Ungerechtigkeiten ansprechen
Elisabeth hatte ein gesundes Empfinden für Ungerechtigkeiten. Das damalige Gesellschaftssystem setzte zwar Grenzen, aber sie arbeitete dagegen an: Was durch Erpressung und Ausbeutung erwirtschaftet wurde, nahm sie nicht an. Darin war sie konsequent.
- Nicht über die eigenen Verhältnisse leben
Elisabeth fragte, ob es verantwortbar sei, im Luxus zu leben. Große Feste wurden gefeiert von wenigen auf Kosten vieler anderer. Elisabeth ließ los, was sie nicht brauchte. Bei ihr stimmten Wort und Tat überein.
- Vermögen überlegt einsetzen
Sie war jung als ihr Mann starb. Sie ging in kein Kloster und vermachte ihr Vermögen keiner Stiftung. Sie verfügte, dass ihr Privatvermögen den „Armen gehören solle“. Sie lebte als Arme unter Armen. Sie finanzierte mittellosen Menschen den Platz in einem ihrer Spitäler.
- Mehr sein als scheinen
Elisabeth ließ sich nicht wie üblich mit ihrem Titel, sondern mit ihrem Namen ansprechen. Ihre Dienerinnen betrachtete sie als Freundinnen. Das Gemeinsame war ihr wichtig: Menschsein und Christsein. Aus ihrem gelebten Glauben wuchs ihre Autorität.
- Sich auf den anderen einlassen
Elisabeth verlangte nicht von anderen, was sie nicht selbst tat. Die Maßstäbe Jesu nahm sie ernst. Sie sprach nicht von Gottes Barmherzigkeit und Liebe, ohne selbst zu versuchen, Menschen zu trösten, aufzurichten und zu ermutigen.
- In geglückter Beziehung leben
Ihr Leben stand in geglückter Beziehung von „Liebe“ und „caritas“. Sie liebte ihren Mann und ihre Kinder. Sie lebte in einer tiefen Christusbeziehung. Sie war gewiss, getragen zu sein. Das war ihre Kraftquelle.
Text: Br. Marinus Parzinger, Kapuziner in Altötting