
FOTO: KAPUZINER/TOBIAS RAUSER
BR. THOMAS SCHIED, BR. JENS KUSENBERG
Die beiden Kapuziner (Jahrgang 1972 und 1981) leben in Salzburg und Frankfurt am Main. Sie kümmern sich im Orden um Frauen und Männer, die nach ihrer Berufung suchen.
„Ein Leben nach dem Evangelium ist möglich, gut und sinnvoll“
Was sollte jemand mitbringen, der Kapuziner werden will? Drei Fragen an Br. Thomas Schied und Br. Jens Kusenberg zum Kapuziner-Sein und die Suche nach seiner Berufung.
Wenn jemand Kapuziner werden will, was sollte er mitbringen?
Br. Thomas Schied: Der junge Mann muss jemand sein, der Gott sucht. Der sich auf die Gottsuche begibt – und zwar aus sich heraus, nicht, weil es ihm vorgegeben wird. Wir sind ein franziskanischer Orden. Daraus ergibt sich, dass er sich einlassen kann auf den heiligen Franziskus und seine Art der Christusnachfolge. Es geht auch um Veränderungsbereitschaft und Offenheit.
Br. Jens Kusenberg: Jemand, der Kapuziner werden will, muss bereit sein, sich und sein Leben transformieren zu lassen und in eine Gemeinschaft hineinzuwachsen. Er muss beweglich sein, sein aus seinem Glauben heraus etwas bewegen wollen. Er muss zeigen wollen, dass ein Leben nach dem Evangelium möglich, gut und sinnvoll ist.
Was macht das Kapuziner-Sein attraktiv?
Br. Jens: Für mich macht das Kapuziner-Sein attraktiv, dass es nach anderen Regeln abläuft als vieles andere auf dieser Welt und in unserer Gesellschaft. Es geht nicht nur darum, welchen monetären Wert ich erwirtschafte. Sondern es geht darum, meine Talente und Fähigkeiten zu leben, diese in die Gemeinschaft und die Gesellschaft einzubringen. Elementar ist auch die Gemeinschaft. Die Mitbrüder sind eine große Bereicherung, an denen ich „ich selbst“ werden kann. Und nicht zuletzt: Ist das nicht schön, dass sich so viele Menschen zu uns und mit uns Kapuzinern auf den Weg machen? Sich uns öffnen, uns in ihr Leben nehmen? Das ist eine wunderbare Erfahrung, die mich dankbar macht.
Br. Thomas: Ich habe unser Leben immer als attraktiv empfunden und deswegen wundert es mich, dass wir so wenig Nachwuchs haben. Das Leben als Kapuziner erfüllt mich. Es ist ein gutes Leben, das ist meine ganz persönliche Erfahrung. Es ist ein Privileg und großes Glück, wenn man seine Berufung leben darf. Das kann ich und das macht mich glücklich. Dazu kommt: Wir müssen unsere Berufung nicht als Einzelgänger leben, sondern dürfen das in einer Gemeinschaft tun. Natürlich ist das manchmal eine Herausforderung, da wir alle sehr unterschiedlich sind, aber grundsätzlich bin ich sehr froh, nicht allein unterwegs zu sein und Mitbrüder zu haben.
Br. Jens: Wenn man ganz allgemein spricht: Die franziskanische Bewegung stellt grundlegende und gute Fragen, ganz aktuell und passend gerade in dieser Zeit: Was ist mit Gemeinschaft? Was ist mit der Bewahrung der Schöpfung? Was ist mit Eigentum? Was bedeutet „einfach“ leben? Ich finde die franziskanischen Antworten auf diese Fragen aktuell und attraktiv.
Was ratet ihr jungen Leuten, die auf der Suche nach Gott und ihrem Weg sind?
Br. Jens: Grundsätzlich würde ich sagen: Gehe in die Stille. Das klingt jetzt groß, ist es aber nicht. Nimm Dir am Sonntag mal einen Nachmittag nichts vor. Geh spazieren und denk darüber nach. Und bespreche Deine Gedanken mit einer anderen Person. Also: Nachdenken, Stille und das Gespräch suchen. Es ist wichtig, sich selbst wahrnehmen zu können, um seiner Berufung näher zu kommen.
Br. Thomas: Je vielfältiger und bunter unsere Lebensrealität ist, sei es in der reellen oder in der virtuellen Welt, desto mehr braucht es einen Gegenort, einen Andersort. Desto mehr braucht es die Stille. Es ist gut und notwendig, einen Ort der Ruhe zu haben, wo ich mich erst mal so sein lassen kann, so wie ich bin. Wo ich gehalten bin. Das kann in Beziehungen zu anderen Menschen sein, auch in der Kunst. Vor allem aber im Gebet und in der Meditation.
Das Gespräch führte Tobias Rauser
Ein ausführliches Interview mit Br. Thomas und Br. Jens zum Thema Berufung lesen Sie in der nächsten Ausgabe von cap!, dem Magazin der Kapuziner, das rund um Ostern erscheint. Ihr persönliches Exemplar können Sie hier bestellen.