

FOTO: DOK/Gabriel Alejandro Valdez
Ordensgelübde und Ordensleben: Verheißung und Verzicht
Mitte Mai trafen sich Ordensvertreter bei der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) in Vallendar. Schwerpunkt in diesem Jahr: die Ordensgelübde und die Übersetzung von Regeln in die heutige Zeit.
Der Kapuziner und Fundamentaltheologe Br. Stefan Walser aus dem Kapuzinerkloster in Frankfurt am Main stellte sein Referat unter die Überschrift „Verheißung und Verzicht“. Unter Bezug auf den französischen Jesuiten und Kulturphilosophen Michel de Certeau stellte er fest, die Entscheidung für das Ordensleben bedeute zunächst eine „Verweigerung von Verzicht“, nämlich die Erkenntnis, dass es da „etwas“ gebe, ohne das man nicht leben wolle und könne. Wenn Ordensleben zugleich heiße, auf einiges zu verzichten, so doch niemals um des Verzichts willen, sondern um auf dieses Eine eben nicht verzichten zu müssen.
Ordensleben bedeute zugleich, diesen Weg in Gemeinschaft zu gehen: Dieses „Nicht ohne Gott leben zu wollen“ sei das Verbindende, das die Gemeinschaft zusammenhalte. Ohne die Ergänzung durch die bzw. den anderen sei es nicht möglich, diesen Weg zu gehen. In diesem Sinne seien die Ordensgelübde nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck. Der damit verbundene Verzichtsgedanke sei, so Br. Stefan, in der aktuellen Post-Wachstumsgesellschaft durchaus anschlussfähig.
Verzicht sei offenbar in bestimmten Situationen sinnvoll und nötig, um etwas nicht zu zerstören, sondern am Leben zu erhalten. Allerdings müsse in jedem Gelübde neben dem Verzicht bereits etwas von der Verheißung greifbar sein, auf die es abzielt. Die Ordensgelübde seien irritierend, aber zugleich stets Anstoß zum Aufbruch. Sie wollten lebendige Erinnerung an die Lebens- und Handlungsweise Jesu sein und seien ein Aufruf, seinen Spuren zu folgen.
Die Franziskanerin Sr. Margareta Gruber reflektierte über den Begriff der „Hingabe“ in der Dynamik der Ordensgelübde. Sie zeigte auf, wo dieser Begriff in den aktuellen Debatten kritisch hinterfragt und auch mit Unterdrückung und Machtmissbrauch in Verbindung gebracht wird. In Fehlentwicklungen habe der Begriff der Hingabe der Unterdrückung von Frauen gedient. Die christliche Mystik zeige die Frau jedoch keineswegs als passives, sich hingebendes Wesen ohne eigenes Verlangen. Vielmehr sei Hingabe und die damit verbundene Lebensform als ein aktives „Sich-Überlassen“ zu deuten. Es sei ein Zeichen für die dienende Liebe untereinander und auch nach außen. Gehorsam sei dabei weniger als individueller asketischer Akt zu verstehen, sondern als „gemeinsame Entscheidung für ein Leben und einen Einsatz für andere“. In ihm und der damit verbundenen Hingabe konkretisiere sich ein größerer Gehorsam sich selbst, seinem Nächsten und auch der Welt und der Erde gegenüber. Auf diesem Weg werde auch das Gegenüber neu entdeckt. Der franziskanische Sonnengesang könne hier eine Leitlinie sein.
In Vallendar zu Gast war auch Bischof Michael Gerber aus Fulda, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und Vorsitzender der Kommission für geistliche Berufe und Kirchliche Dienste. Die aktuelle Situation von Kirche und Ordensleben bezeichnete er als von „Infragestellung“ geprägt. In dieser Situation gelte es, sich radikal die Frage zu stellen, was „das Jetzt unserer Berufung“ sei – einzeln, aber auch gemeinsam. Es gelte, sich die Sehnsucht nach dem Neuaufbruch und die „Wachheit für Aufbrüche“ zu bewahren.
Die Deutsche Ordensobernkonferenz ist der Zusammenschluss der Höheren Oberen der Orden und Kongregationen in Deutschland. Mehr zur DOK finden Sie hier.