FOTO: KAPUZINER
Bruder Christophorus Goedereis
Wie hast Du Deine Berufung gefunden?
Meine Lebensgeschichte ist schon sehr früh durch franziskanische Akzente geprägt worden. Als Kind lernte ich die Franziskaner kennen. Vor allem Pater Beda vom Kloster Bardel (Bad Bentheim/Niedersachsen), der für die Mission in Brasilien Altkleider und Altpapier sammelte. Durch ihn waren immer wieder berühmte Franziskanerbischöfe aus Brasilien, wie Dom Helder Camara, in meiner Heimatgemeinde zu Besuch. Später bin ich dann selber auf das Missionsgymnasium der Franziskaner im Kloster Bardel zur Schule gegangen. Durch einen Umzug der Familie stand dann plötzlich ein Schulwechsel an – und wie der Zufall es wollte: Ab der 9. Klasse ging es für mich weiter an einem Kapuzinergymnasium. So lernte ich bereits als Kind und Jugendlicher eine Reihe franziskanischer Ordensleute kennen, die mich beeindruckten. Dass ich selber aber auch einmal diesen Weg gehen könnte – der Gedanke kam allerdings erst durch eine Assisifahrt und ein Wochenende im Kapuzinerkloster Werne auf. Franz von Assisi hat mich somit schon immer fasziniert. Aber wirklich „für mich selber“ entdeckt habe ich ihn erst, als ich 17 Jahre alt war. Die dann folgende zweijährige Suche nach meinem Weg hatte ich dann aber auch noch so manches Auf und Ab.
Warum Kapuziner?
Mich fasziniert die Bodenständigkeit, die Unkompliziertheit, die Vielfalt, die weltweite Gemeinschaft, die stets neue Suche nach der franziskanischen Herausforderung im Hier und Heute, die Normalität der Spiritualität – und nicht selten: der tiefgründige Humor.
Franz von Assisi?
Die für mich faszinierendste Gestalt der Weltgeschichte! Niemand hat so sehr begriffen wie er, worauf es im Leben letztlich ankommt. Ich zitiere an dieser Stelle gerne die italienische Regisseurin Liliana Cavani, der zwei Filme über den hl. Franziskus gedreht hat: „Franziskus ist kein Mann der Vergangenheit, kein Mann der Gegenwart – eher eine Figur der Zukunft. Wenn die Menschen überleben wollen, müssen sie alle ein bisschen mehr wie er werden.“
Was machst Du im Orden?
Ich bin jetzt seit über 35 Jahren dabei. Meinen Aufgaben in dieser langen Zeit waren vielfältig. Nach dem Studium der Philosophie und Theologie in Münster und Rom war ich als Referent in der Erwachsenenbildung tätig, dann als Kaplan und Jugendseelsorger, später als Pfarrer und Cityseelsorger. Von 2004 bis 2013 war ich Provinzial der damals Rheinisch-Westfälischen, später dann der Deutschen Kapuzinerprovinz. Anschließend hat es mich als Kirchenrektor der Liebfrauenkirche nach Frankfurt am Main verschlagen. Von 2019 bis Juni 2022 war ich wieder in der Aufgabe des Provinzials und habe gemeinsam mit dem Provinzrat die Deutsche Kapuzinerprovinz in München geleitet. Zurzeit lebe ich in den Niederlanden in Tilburg und Velp.
Was möchtest Du verändern in der Welt, in der Du lebst?
Besonders wichtig sind mir ein respektvoller und wertschätzender Umgang miteinander. Wir sind alle geliebte Geschöpfe des einen Gottes – jeder mit grandiosen Gaben ausgestattet, aber auch mit Grenzen und Macken. Das franziskanische „seinen Bruder annehmen“ ist mir besonders wichtig geworden, mit Blick auf jeden Menschen. Das gilt natürlich für Personen jeglichen Geschlechts sowie jeglicher Konfession und Religion. Und mir ist die franziskanische positive Weltsicht wichtig. Die Wirklichkeit und die Menschen umarmen, zunächst einmal so, wie sie sind. Wenn es mir gelingen sollte, durch mein Leben ein bisschen etwas von dieser franziskanischen Freude und Gelassenheit zu verbreiten, und dadurch meine kleine Welt zu verändern, bin ich zufrieden.