

FOTO: KAPUZINER/LEMRICH
Bruder Harald Weber
Wie hast Du Deine Berufung gefunden?
Durch Zufall! Mit 30 habe ich mein Studium der BWL beendet, wusste, dass ich nicht – wie seit 3 Jahren – selbständig im EDV-Bereich arbeiten wollte, ein Leben lang und es endete die Beziehung zu meiner damaligen Freundin. Da merkte ich: Es ist Zeit, sich zu überlegen, was ich langfristig mit meinem Leben anfangen will. Um darüber nachzudenken, bin ich für eine Woche zu den Kapuzinern nach Salzburg gefahren, wo eine Woche zum Mitleben angeboten wurde. Dort hat mir mein Bauchgefühl gesagt: Das könnte was sein, das musst Du ausprobieren. Einen Job kannst Du Dir auch noch später suchen, wenn das nichts ist. In den vergangenen 20 Jahren habe ich dazu keinen Grund gesehen…
Warum Kapuziner?
Die Lebensform, die mir in ihrer Mischung aus Arbeit, Gebet, Gemeinschaft einen Rahmen und Sinn gibt. Jede Menge interessante Tätigkeitsbereiche im Orden, die ich mir für mich vorstellen könnte. Gemeinsam mit Gott und den Brüdern auf der Suche bleiben, was ansteht, wohin wir gerufen sind, wie sinnvolles und mit Christus verbundenes Leben heute aussehen könnte. Die mir geschenkte Lebenskraft und ‑zeit für andere Menschen zu investieren und dabei immer wieder selber beschenkt werden.
Franz von Assisi?
Faszination, Provokation, Inspiration. Seine Radikalität und Echtheit, den Ruf Jesu zu leben und auf die Menschen zuzugehen, fasziniert mich. Gleichzeitig bleibt sein Lebenszeugnis ein Stachel im Fleisch, der mir sagt: So radikal wirst Du es nie hinkriegen, aber versuch es weiter, streck Dich nach der Decke. Seine Schriften und die Beschreibung seines Lebens laden mich immer wieder neu ein, mich auf Gott einzulassen und wie Franziskus zu sagen: Auf Brüder, lasst uns beginnen, wir haben noch so wenig getan…
Was machst Du im Orden?
Ich habe die letzten Jahre in unserem Kloster in Stühlingen, in dem unser Projekt „Kloster zum Mitleben“ zuhause war, gelebt. Wir waren dort eine Gemeinschaft von vier Kapuzinern und zwei Franziskanerinnen, die dazu einladen haben, unser Leben zu teilen: Eine Woche – von Samstag bis Samstag – mitleben, mitbeten, mitarbeiten, mitessen, mitlachen, mitschweigen…
Zurzeit lebe ich im Kapuzinerkloster in Münster und betreue dort unsere Postulanten. Außerdem habe ich Aufgaben im Kontext der Grundausbildung unseres Ordens. Ich bin Ausbildungsleiter der Deutschen Kapuzinerprovinz, soll also alle Prozesse in der Ausbildung koordinieren und moderieren. Darüber hinaus arbeite ich im Internationalen Ausbildungsrat unseres Ordens in Rom mit. Dort machen wir uns gerade Gedanken darüber, wie man die Ausbildung in Europa so gestalten kann, dass sie zukunftsfähig ist und dazu beiträgt, dass junge Männer in unserem Orden eine Lebensform und einen Lebensort finden, in dem sie sich selber gut kennenlernen und mit Freude und Lebendigkeit ihrer Berufung folgen können.
Was möchtest Du verändern in der Welt, in der Du lebst?
Die Welt, in der wir leben ist wunderschön – wenn wir sie so behandeln und aneinander so handeln. Ich glaube nicht, dass ich die anderen verändern kann, nur mich selber. Wenn ich selber immer mehr zu einem von Christus erlösten Menschen werde, lädt das vielleicht auch andere ein, sich zu verändern? Also kurz: Mich selber immer mehr von Gott verändern lassen.