

FOTO: Kapuziner/KIÊN HÓNG LÉ
Franziskanische Freude entdeckt im Hier und Jetzt die Zeichen des menschgewordenen Gottes.
Franziskanische Freude
Freude ist mehr als „Just for fun“. Doch was bedeutet Freude aus franziskanischer Sicht? Die Bibel ist voll von Zitaten über die Freude – und auch der Heilige Franziskus hat sich explizit geäußert. Ein Beitrag von Christophorus Goedereis, Provinzial der Deutschen Kapuzinerprovinz.
„Ich freue mich auf die Zeit, in der Corona wieder ein Bier ist, Donald eine Ente und Masken nur noch zu Karneval getragen werden.“ Diesen Satz hörte ich neulich aus dem Mund eines Kabarettisten. Ich musste schmunzeln, fragte mich aber zugleich, was es denn auf sich hat mit der menschlichen Freude – denn Freude ist ja bekanntlich mehr als Spaß. Freude geht tiefer als das oberflächliche „Just for fun“.
Im Lexikon für christliche Spiritualität heißt es: „Freude ist ein harmonisches Zusammenspiel aller menschlichen Bereiche und ein gelöster Ausdruck des Lebens überhaupt. Freude ist göttlichen Ursprungs.“ Kein Wunder, dass die Bibel voll von Zitaten über die Freude ist. An mehr als 300 Stellen ist von ihr die Rede, schließlich wird dieses Buch die „Frohe Botschaft“ genannt. Worin aber besteht die Freude des Christenmenschen? Sie besteht in der Botschaft des Engels: „Seht, ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll.“ Es ist die Freude über die Menschwerdung Gottes, die alles verändert und relativiert.
An keinem können wir das so gut ablesen wie an Franz von Assisi. In seiner Jugendzeit suchte er die Freude dort, wo die meisten sie auch heute noch suchen: auf Partys, im Geldausgeben und in der Anerkennung durch andere. Die Begegnung mit einem Aussätzigen sollte bei Francesco Bernadone (so sein weltlicher Name) alles auf den Kopf stellen. Er selber schreibt darüber: Durch die Aussätzigen „wurde mir das, was mir bitter vorkam, in Süßigkeit der Seele und des Leibes verwandelt.“ (Testament des hl. Franziskus)
Der Heilige aus Assisi war ein Botschafter der Freude und des Friedens. In seinem berühmten Sonnengesang hinterließ er der Menschheit das Loblied auf die Schöpfung, das Papst Franziskus zu seiner Enzyklika „Laudato si‘“ inspiriert hat. Zur Zeit der Kreuzzüge führte er den Dialog mit dem muslimischen Sultan Malik al Kamil. In vielen italienischen Städten wirkten er und seine Ordensbrüder als Friedensstifter, die alle Menschen mit dem berühmten „Pace e bene“ (Friede und Heil) grüßten.
Was Päpste und Kaiser nicht begriffen, Franziskus glaubte daran: Zum Frieden gelangt man nicht durch Krieg, und zur Freude nicht durch Reichtum und Macht. Im Gegenteil: „Wo Armut ist mit Fröhlichkeit, da ist nicht Habsucht noch Geiz“, schreibt Francesco in seinen geistlichen Ermahnungen.
Prägnant ist auch die Geschichte „Von der vollkommenen Freude“, die er seinem Gefährten Leo diktiert. Die vollkommene Freude, liegt nicht darin, dass „ein Bruder die Sprachen der Völker und alle Wissenschaften beherrsche, auch nicht darin, dass einer so herrlich predigte, dass er alle Ungläubigen zum Glauben bekehrte“ – nein, die vollkommene Freude liegt darin, auch die Widrigkeiten des Lebens in Gelassenheit, Demut und Freude zu ertragen.
Franziskanische Freude wartet nicht darauf, dass Corona wieder ein Bier ist und wir nur noch zu Karneval Masken tragen müssen (die Sache mit Donald hat sich ja ohnehin erledigt). Franziskanische Freude entdeckt im Hier und Jetzt die Zeichen des menschgewordenen Gottes.
Christophorus Goedereis, Provinzial der Deutschen Kapuzinerprovinz
Dieser Beitrag ist zuerst in der Münchner Kirchenzeitung erschienen