
FOTO: Kapuziner/Rettich
Br. Burkhard Volkmann
wurde 1945 geboren. Seit 1965 ist er Kapuziner, 1971 wurde er zum Priester geweiht. Er lebt in einer kleinen Kapuziner-Gemeinschaft in Zell am Harmersbach.
„Sonntags schießt der Pater Tore“: Ein Kapuziner und der Fußball
Br. Burkhard Volkmann ist Kapuziner und Priester. Seine Leidenschaft gilt dem Fußball. Warum das so ist, warum Leidenschaft wichtig ist und warum er sich heimlich aus dem Kloster zum Training entfernte, sagt er im Interview.
Wie hat eigentlich der Karlsruher Sportverein (KSC) am letzten Wochenende gespielt?
Nicht so glorreich, wir haben leider in Düsseldorf verloren.
Wann haben Sie Ihre Leidenschaft für den KSC entdeckt – und warum?
Seit 1956 ist das mein Team. Warum der KSC? Das ist meine Heimat, ganz einfach.
Gehen Sie noch zu jedem Heimspiel ins Stadion?
Nein, in den letzten drei Jahren war es mir wegen Corona und Neubau des Stadions nicht möglich. Im neuen Stadion habe ich erst ein Spiel gesehen und dabei gewann der KSC! Ich kenne die aktuellen Spieler leider nicht mehr persönlich, das war in den 90er-Jahren anders. Bis zur Corona-Zeit war ich regelmäßig im Stadion. Und inzwischen hat der KSC mir wieder eine Dauerkarte geschickt, so dass ich jetzt wieder zu jedem Heimspiel gehen kann.
In den Anfängen, also in den 60er-Jahren, waren Sie da auch regelmäßig im Stadion?
Nein. Das konnte ich mir absolut nicht leisten. Ich habe es nur in der Zeitung oder im Radio verfolgt.
Spielen Sie selber Fußball?
Oh ja! Leider konnte ich nach dem Krieg nicht in einen Verein gehen. Es war schlicht weg kein Geld da, auch nicht für Fußballschuhe. Ich hatte einen Freund, der im Fußballclub war, mit dem habe ich im Wald gekickt, mit meinen normalen Schuhen. Sehr zum Ärger meiner Mutter, weil das den Schuhen nicht wirklich guttat. Auf der Straße haben wir später oft mit einem ausgedienten Tennisball Fußball gespielt.
Später, als Kapuziner, konnten Sie dann doch noch im Verein spielen?
Das stimmt, als es endlich mit einem Verein geklappt hat, da war ich schon Kapuziner. Ich war in München, im Theologiestudium, im Jahr 1969 bis 1971. Da habe ich mich heimlich erkundigt, wo ich denn hingehen könnte. Bayern München und 1860 kamen nicht infrage, aber ich habe im Telefonbuch „Wacker München“ gefunden. Dort habe ich angerufen und ich durfte vorbeikommen. Eines Abends bin ich hin, ohne das Wissen meiner Mitbrüder im Kloster.
Wann haben Sie es denn ihrem Oberen gebeichtet?
Nachdem es gut lief mit dem Training, habe ich mit meinem Guardian gesprochen. Er hat sehr offen reagiert und ich durfte sogar mit dem Auto der Kapuziner zum Trainingsplatz fahren. So habe ich bei Wacker mit 24 Jahren das ABC des Fußballs erlernt, leider viel zu spät, um noch höhere Ziele zu verfolgen.
War das etwas Besonderes, ein kickender Ordensbruder?
Ja, in der Tat. Sogar die Bildzeitung hat es gebracht: „Sonntags schießt der Pater Tore“ hieß die Headline. Dabei habe ich nicht wirklich viele Tore gemacht (lacht). Ich war ein schneller Mann und wurde meist auf dem rechten Flügel eingesetzt.
Warum ist eine Leidenschaft wichtig?
So eine Leidenschaft trägt durchs Leben. Sie verbindet die Orte, die für uns Kapuziner ja auch immer wieder wechseln. Meine Leidenschaft für Fußball konnte ich an jedem Ort, an dem ich als Ordensmann lebte, realisieren. Überall habe ich Gruppen mit Jugendlichen organisiert und wir haben gemeinsam spielen können. Wir hatten uns sogar ab meiner zweiten Stelle den Namen „Katholischer Sportclub“ (KSC) gegeben mit dem jeweiligen Ort, wo ich dann stationiert war, zum Beispiel KSC- Offenburg.
Sie haben auch immer mal Profispieler in die Klöster eingeladen?
Ja, so war das. 27 Spieler vom KSC waren bei uns Kapuzinern zu Besuch, in Ottersweier, Dieburg, Waghäusel und in Offenburg. Einige von Ihnen haben dann mit meiner Jugendgruppe Fußball trainiert und gespielt, das war ein tolles Erlebnis für alle. Mit einem Spieler, Claus Reitmeier, bin ich gut befreundet und durfte drei Kinder von ihm taufen. Dem Kehler Rainer Schütterle habe ich auch zwei Kinder getauft. Viele werden Sie heute nicht mehr kennen, vielleicht Sean Dundee? Der war auch bei uns im Kloster in Waghäusel zusammen mit Claus Reitmeier. Mit den Trainern Rain Ulrich und Ede Becker hatte ich auch guten Kontakt und Rainer Ulrich war in meiner Waghäuseler Zeit fast jede Woche einmal im Gottesdienst
Sie sind Priester. Wenn Sie die vollen Stadien sehen und auf der anderen Seite die leeren Kirchen, wie geht es Ihnen damit?
Natürlich würde ich mich freuen, wenn die Kirchen ähnlich voll wären. Aber: Auch wenn es so oft heißt, Stadien wären die „Kathedralen der Moderne“, so kann man das nicht wirklich vergleichen. Was ich aber sagen kann: Ich habe fast nur gute Erfahrungen im Stadion gemacht. Ich gehe dort ja in meinem Kapuzinerhabit hin. Und das führt oft zu gemeinsamen Fotos und viel Small Talk, aber ab und zu auch mal zu einem guten Gespräch.
Wurde Ihnen die Frage nach dem Fußballgott schon oft gestellt?
Ja, und das Thema behagt mir gar nicht. Ich mache immer klar, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Wenn Gott bemüht wird, um sich im Spiel sich einen Vorteil zu erhoffen, da muss ich sagen: Das ist nicht meine Welt. Fußball ist Fußball, und das ist spannend genug!
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Tobias Rauser