Standpunkte

FOTO: KAPUZINER/LEMRICH

BR. PAULUS TERWITTE

ist seit 1978 Kapu­zi­ner. Zur­zeit lebt er im Kapu­zi­ner­ko­vent in Frank­furt am Main und ist unter ande­rem Vor­stand der Franziskustreff-Stiftung.

28. Janu­ar 2022

Darf ich noch weitermachen? 

Wie kann ich lei­den­schaft­lich wei­ter dem fol­gen, was ich einst gewählt habe? Br. Pau­lus Ter­wit­te kom­men­tiert das aktu­el­le Gut­ach­ten zu sexu­el­lem Miss­brauch in der Erz­diö­ze­se Mün­chen und Freising. 

Die Auf­de­ckun­gen durch das Mün­che­ner Gut­ach­ten sind eine ohren­be­täu­ben­de Schlag­ham­mer­se­rie gegen das Fun­da­ment mei­ner Grund­ent­schei­dung, ein Glau­ben­der zu sein und in der katho­li­schen Kir­che zu sein.

Nicht, dass ich sol­che Ham­mer­schlä­ge nicht schon erlebt hät­te. Schließ­lich quillt auch aus der eige­nen See­le genü­gend Akti­on, die die Fun­da­men­te mei­ner Grund­ent­schei­dung angrei­fen. „Das was ich will, das tue ich nicht, und das, was ich tue, das will ich nicht – wer wird mich erlö­sen aus dem der Sün­de ver­fal­le­nen Leib?“ ruft der Apos­tel Pau­lus im Römer­brief auf.

Und ich habe gelernt, dass ich Ver­zei­hung erlan­ge: Wenn ich Schuld beken­ne und ent­schlos­sen bin, das Gute zu tun.

Genau hier wirkt das Mün­che­ner Gut­ach­ten zer­stö­re­risch auf das Fun­da­ment mei­ner Glau­bens­über­zeu­gung. Es ver­öf­fent­licht ein­mal mehr, was ich schon wuss­te: Die Bösen wur­den von der Kir­che geschützt, weil sie sich um sich gesorgt hat. Und nicht um jene, denen Scha­den zuge­fügt wurde.

Nicht dass es das anders­wo nicht auch gibt. Der DFB, Olym­pia, der Wein­stein-Skan­dal, die schreck­lich net­te Fami­lie von neben­an und wo sonst noch das Wah­ren des äuße­ren Scheins den Opfern dar­in ins Gesicht schlägt und sie nach dem Erlit­te­nen wei­ter quält durch die from­me Show: Must go on!

Aber von der Kir­che, von Glau­ben­den, von mir erwar­te ich scho­nungs­lo­ses Ste­hen auf der Sei­te der Schwa­chen, und wenn es den eige­nen Ruf kostet.

Der Schlag­ham­mer, der die Fun­da­men­te angreift, der mein Lebens­kon­zept zer­stört: Wahn­sinn! Darf ich noch wei­ter­ma­chen? Ist mein Kir­che­sein, Pries­ter­sein, Kapu­zi­ner­sein noch sinn­voll? Bin ich Teil eines Sys­tems, das zudeckt, zudeckt, zudeckt?

Die­se Fra­gen tre­ten erst lang­sam wie­der zurück. Ich suche Klä­rung mei­ner Moti­va­ti­on und neh­me neu Maß. An den klei­nen Leu­ten der Kir­che. Denen, die heu­te ihr Christ­sein leben. An denen, die vor Ort und ohne zu zögern aus dem Gebet her­aus leben und schlicht für ihre Nächs­ten da sind. Ich den­ke an man­che Hei­li­gen der Kir­chen­ge­schich­te. Ich begrei­fe mehr und mehr: Auf­er­ste­hung und Neu­an­fang haben die Hei­li­gen nicht von sich erwar­tet. Fran­zis­kus von Assi­si, vor ihm Bene­dikt von Nur­sia, ein Roger Schutz in Tai­zé oder eine Mut­ter The­re­sa: Sie haben in stür­mi­schen Kir­chen­zei­ten unbe­irrt ihrer Sen­dung gedient. In der Kir­che. Aber für die Gesell­schaft. Für die Armen. Für Gott.

Das soll­te mir auch gelin­gen. Gebe es Gott.

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