FOTO: Tobias Rauser
Münchner Konvent
Derzeit leben im Kloster St. Anton sechs Ordensmänner: Bruder Thomas Schied (links) und Bruder Jens Kusenberg (nicht auf dem Bild) sind für die Seelsorge im Pfarrverband Isarvorstadt zuständig. Bruder Helmut Rakowski (Mitte) ist Provinzial. Provinzsekretär Bruder Markus Thüer (rechts), Bruder Othmar Noggler (Zweiter von links) und Bruder Christian Hien komplettieren die kleine Hausgemeinschaft.
Jubiläum: 175 Jahre Kapuziner in der Münchner Isarvorstadt
Im Geist des heiligen Franziskus: Seit 175 Jahren sind die Kapuziner im Kloster St. Anton in der Münchner Isarvorstadt ansässig. Ein Bericht darüber, was den Ort in Vergangenheit und Gegenwart auszeichnet.
Was ehedem weit vor der Stadt lag, befindet sich heutzutage längst in einem begehrten innerstädtischen Wohngebiet Münchens: Die Rede ist vom Kapuzinerkloster St. Anton in der Isarvorstadt. In diesen Tagen sind es stolze 175 Jahre, dass der im Zuge der Säkularisation aus der bayerischen Landeshauptstadt vertriebene Orden hier beim kleinen Kuppelbau der „Schmerzhaften Kapelle“ seinen Neuanfang in München nahm. Am 24. August 1846 wurde der Grundstein zum Kloster gelegt. König Ludwig I., der große Restaurator zahlreicher Orden nach der Säkularisation, hatte dies höchstpersönlich so verfügt.
Vermittler war Benefiziat Urban Zacher von St. Peter gewesen, der bis zum großen Klostersturm einst das Ordenskleid der Kapuziner getragen hatte. Diese waren seit 1600 in München ansässig gewesen, doch auch sie wurden von den kirchenfeindlichen Machthabern vertrieben und in Aussterbeklöster gesteckt. Das alte Kloster am heutigen Lenbachplatz wurde abgerissen. Nun also hier, „am Steig nach Thalkirchen“ (der heutigen Kapuzinerstraße) der Neuanfang, direkt an einem Kirchlein, das auf einen Abdecker und Wasenmeister namens Bartholomäus Deibler zurückging. Dieser hatte um 1670 inmitten von Wiesen und Krautgärten und in unmittelbarer Nähe zum Pestfriedhof (dem heutigen Alten Südfriedhof) eine kleine offene Feldkapelle errichtet. Dort hing er das Bild des Heilands an der Geißelsäule auf. Bald kamen zahlreiche Menschen hierher, eine regelrechte Wallfahrt setzte ein. Ein Kuppelbau wurde errichtet und 1705 geweiht.
Nun also waren die Kapuziner hier ansässig, die Kapelle wurde zur Ordens- und Klosterkirche erhoben, was eine neue Weihe erforderlich machte. Diese erfolgte am 3. Oktober 1847, dem Vorabend des Franziskusfestes, durch den Münchner Erzbischof Graf Karl August von Reisach. Mit dem Nachtgebet bezogen die ersten Kapuziner tags darauf ihre neue Heimat. Die Kapelle war für die Bevölkerung des rasch anwachsenden Stadtviertels in der Nähe zum 1878 eröffneten Münchner Schlacht- und Viehhof bald zu klein. Daher erbaute man von 1893 bis 1895 die neuromanische Antoniuskirche, sodass das Kloster zwischen Kapelle und Kirche zu liegen kam.
1936 erhob Kardinal Michael von Faulhaber St. Anton zur eigenständigen Pfarrei, die Kapuziner bekamen die Seelsorge übertragen. Die Niederlassung erwuchs in den 1920er und 1930er Jahren zu einem der größten Konvente in der bayerischen Provinz. Zahlreich sind die Namen der hier auf dem Klosterfriedhof an der Schmerzhaften Kapelle beerdigten Ordensmänner. Viele Brüder waren handwerklich sehr geschickt, sodass es einst eine Schlosserei, Schreinerei, Gärtnerei und sogar eine eigene Schweinezucht gab. Die Kapuziner waren zudem Gefängnisgeistliche in Stadelheim und Neudeck/Au. 1896 beauftragte Prinzregent Luitpold sie mit der Gründung und dem Aufbau der Schwabinger Pfarrei St. Joseph. Erst 2013 wurde die Leitung dieser Pfarrei vom Orden in die Hände der Erzdiözese München und Freising zurückgegeben.
Ihrem Ordensvater Franz von Assisi folgend, fühlen sich die Männer in ihrer braunen Kutte mit der spitzen Kapuze und den ehedem sprichwörtlich langen Kapuzinerbärten den Armen und am Rande der Gesellschaft stehenden Menschen sehr verbunden. Jahrzehntelang war die Klosterpforte von St. Anton mit ihrer Essensausgabe daher ein Anlaufpunkt für hunderte von Münchnern. 1995 wurde die Suppenküche aus Personalmangel eingestellt. Seit der Corona-Pandemie gibt es jedoch mir der Antoniusküche von Caritas und Erzdiözese direkt in der Antoniuskirche eine neue Verpflegungsstation für alte, arme und obdachlose Menschen. Zudem verteilt auch die Münchner Tafel einmal in der Woche vor der Klostermauer Lebensmittel an eine immer stärker anwachsende Schar Bedürftiger.
Angesichts schwindender Kräfte war der Komplex irgendwann zu groß und zudem gebäudetechnisch ein Sanierungsfall: Von 2006 bis 2009 erfolgte daher ein großer Umbau. Damals trennte man das Langhaus der Schmerzhaften Kapelle vom historischen Kuppelbau ab. Im Langhaus errichtete man das Fernsehstudio des Instituts zur Förderung publizistischen Nachwuchses (ifp), die Journalistenschule der Deutschen Bischofskonferenz, die im Kloster unterkam. Auch die Pfarrei erhielt damals neue Gemeinderäume im ehemaligen Klosterbau.
Die Kapuziner bauten seinerzeit das benachbarte Pfarrhaus in ihre neue Niederlassung um und verlegten zugleich ihr Provinzialat, also die Ordensleitung und ‑verwaltung, von St. Joseph in Schwabing nach St. Anton. 2010 fusionierte dann die Bayerische mit der Rheinisch-Westfälischen zur Deutschen Kapuzinerprovinz, der Sitz des Provinzialates blieb in St. Anton.
Heute leben hier sechs Ordensmänner. Bruder Thomas Schied und Bruder Jens Kusenberg sind für die Seelsorge im 2011 aus St. Anton und der Nachbarpfarrei St. Andreas gebildeten Pfarrverband Isarvorstadt zuständig. „Ich mag diesen Ort sehr gern, weil wir als Kapuziner hier mit unterschiedlichsten Menschen auf dem Weg sind und sie seelsorglich in allen Lebenslagen begleiten dürfen“, sagt Bruder Thomas. Bruder Jens ergänzt: „Es ist schön bei uns im Pfarrverband, weil die Strukturen noch übersichtlich sind und man auf diese Weise viele verschiedene Menschen schnell auch persönlich kennenlernen kann. Wer sich hier engagieren will, der kann das auch.“ Und wer sich für den geistlichen Weg interessiere, könne sich gerne im Kloster (Telefon: 089/2782710) melden.
Bruder Helmut Rakowski war zuletzt Provinzsekretär und geistlicher Direktor des ifp. Im Juni wählten ihn seine Mitbrüder auf dem Provinzkapitel in Münster zum neuen Provinzial. Er ist somit der Leiter von 137 Brüdern in elf Niederlassungen in Deutschland und den Niederlanden. Der Konvent St. Anton ist für ihn ein wichtiger Bestandteil der Provinz. Provinzsekretär Bruder Markus Thüer, Bruder Othmar Noggler und Bruder Christian Hien komplettieren die kleine Hausgemeinschaft. Große Beständigkeit bei zugleich stetem Wandel zeichnet diese bekannte Münchner Ordensniederlassung aus – nicht die schlechtesten Voraussetzungen für die Zukunft.
Text: Florian Ertl, stellvertretender Chefredakteur der Münchner Kirchenzeitung