
FOTO: KAPUZINER
BR. SIXTUS PARZINGER
Josef Parzinger wurde am 21. Dezember 1931 in St. Johann/Tirol geboren. Nach dem Gymnasium trat er in den Kapuzinerorden ein und erhielt den Namen Sixtus. Er wurde 1960 zum Priester geweiht und brach am 6. Februar 1965 als Kaplan und Pfarrer in die Mission nach Chile auf. 1978 wurde er zum Bischof geweiht, bis 2009 leitete er die Diözese Villarrica.
Kapuziner in Chile: „Geht hinaus in alle Welt“
Er ist Kapuziner, Alt-Bischof und lebt seit 1965 in Chile: Sixtus Parzinger feierte vor wenigen Monaten seinen 90. Geburtstag. Wie der Ordensmann auf die Mission in Chile blickt, sagt er im Interview.
Bischof Sixtus, wo leben Sie zurzeit?
Seit zwei Jahren lebe ich im Konvent der Franziskanerinnen vom Heiligsten Herzen Jesu der Gengenbacher Schwestern in Purulon, der Hauptstation dieser Schwestern in Chile. Gegründet wurde sie Jahr 1873. Hier kann ich jeden Tag eine heilige Messe feiern – und in Zeiten der Pandemie war es sehr ruhig hier. Mittlerweile hat der Schulunterricht in der Oberschule wieder begonnen, es wird also wieder belebter.
Warum sind Sie vor vielen Jahren Kapuziner geworden?
Das hat Gott gewollt. Denn ich wollte eigentlich nach der Schulzeit Schreiner werden. Doch dann besuchte ich unsern Pfarrer vor Ort. Der sagte mir, ich wäre zu alt für das Gymnasium, allerdings könne ich nach Dillingen gehen, wo die Kapuziner eine Schule für Spätberufene errichtet hatten. So geschah es. Und weil es mir dort gefiel, blieb ich bei den Kapuzinern. Bis heute. Die Kapuziner gaben und geben mir das, was ich immer gesucht habe. Ich kann diesen Weg auch heute noch jungen Männern empfehlen.
Seit 1965 leben Sie in Chile. Warum sind Sie damals in die Mission gegangen?
Ich wollte als junger Mann dorthin, wo Priester gebraucht wurden. Nach einem Gespräch mit meinem Provinzial verwies der mich auf die Araukanier-Mission in Chile, die wir um 1900 von den italienischen Kapuzinern übernommen hatten. So wurde das mein Weg. Ich ging mit einem Kapuzinerbruder dorthin, zuerst als Vikar, dann als Pfarrer. Schließlich, als Bischof Wilhelm Hartl plötzlich verstarb, wurde ich nach fast einem Jahr zum neuen Missionsbischof ernannt.
Diese Ernennung zum Bischof: Wie war dieser Rollenwechsel, vom Ordensmann zum Bischof?
Ich hatte niemals daran gedacht, Bischof zu werden! Aber die ganze Araukanier-Mission war auf die Kapuziner eingestellt, und deswegen passte es gut. Ich wurde zuvor schon einmal als Weihbischof angefordert, und so fiel diesmal die Wahl auf mich, den Bauernbub. Ich war nicht vorbereitet und hatte kein besonderes Studium. Doch ich nahm die Ernennung an, da alles auf einen neuen Bischof wartete. Die Umstellung war nicht leicht, das muss ich sagen. Mir fehlte das Organisationstalent. Doch die Kapuziner vor Ort halfen mir in der Leitung des Vikariats. Ich habe sofort die Verbindung zu allen Priestern und Brüdern gesucht, besuchte die Pfarreien und Kommunitäten.
Hat sich ihr Missionsverständnis über die Jahre geändert?
Gestern wie heute gilt, was Christus seinen Jüngern geboten hat: Geht hinaus in alle Welt und lehrt sie, was ich euch geboten habe. Das Evangelium. Das wollen manche nicht mehr hören. Doch Christus ist immer der Herr, den wir predigen und bezeugen müssen. Aber wir müssen auf die Menschen zugehen, um ihre Auffassungen und Gebräuche kennenzulernen, um sie abzuholen, wo sie stehen. Hier gilt es, als Bruder aufzutreten, der gemeinsam mit den Menschen einen neuen Weg gehen will.
Gibt es etwas in Ihrem missionarischen Wirken, das Sie aus heutiger Sicht anders gemacht hätten?
Die Menschen sind heute vielfach offener und willens, an dem teilzuhaben, was ich mache. Sie wollen mitwirken, wenn man sie für etwas begeistert. Heute würde ich mehr auf ihre Teilnahme setzen. Und mich anderer Mittel bedienen, wie dem Internet. Ich würde alles machen, was der Verkündigung des Evangeliums dient.
Was ist das Erbe der Kapuziner in Chile?
Das ist auf jeden Fall eine gut organisierte Diözese. Mit einem eigenen Seminar, das in zwei Jahren schon sein hundertjähriges Bestehen feiern kann, denn es wurde 1924 vom Apostolischen Präfekten Guido Beck de Ramberga gegründet. Dann gibt es hier ein eigenes Schulwerk von etwa 130 Missionsschulen, das einen wichtigen Beitrag für die Evangelisierung leistet. Auch existieren im Land verschiedene Kongregationen von Schwestern. Das schönste Erbe jedoch ist die Erhebung des Vikariats zur Diözese von Villarrica im Jahr 2002.
Sie leben fast 60 Jahre in Chile. Wo ist Ihre Heimat?
Meine Heimat ist Chile, genauer gesagt: die Araukanie. Doch meine Gedanken schweifen noch oft zurück. Zurück dorthin, wo ich geboren bin, also St. Johann in Tirol. Oder nach Bayern, wo ich aufgewachsen bin, in Waging am See. Ich erhalte mir so in der Ferne die Freude an einer zweiten und dritten Heimat mit vielen Bekannten und Freunden.
Danke für das Gespräch!
Das Interview führte Tobias Rauser