
Foto: Kapuziner/Hoàng Lê
BR. PAULUS TERWITTE
Paulus Terwitte wurde 1959 geboren und trat 1978 dem Kapuzinerorden bei. Zurzeit lebt er im Kapuzinerkonvent in Frankfurt am Main.
Wenn digital, dann richtig
Viel wurde und wird in den Zeiten der Corona-Pandemie ausprobiert im Netz. Der Kapuziner Paulus Terwitte fordert in seinem Kommentar auf kapuziner.de, Geld in die Hand zu nehmen, um digitale Angebote in angemessener Qualität zu produzieren und anzubieten.
Gottesdienst im Internet? Das gibt es nicht. Man kann zwar Gottesdienste anschauen, die an einem Ort gefeiert werden. Und ergriffen werden, weil man Ort und Mitwirkende kennt. Und weil man leichter verzeihen kann, dass die Beleuchtung nicht stimmt, der Ton nicht gut rüberkommt, die Inszenierung anmutet, als käme sie aus dem heimischen Wohnzimmer.
Die Corona-Zeit hat mit sich gebracht, dass an allen möglichen Stellen Leute iPhones, Webcams, und manches andere einsetzen, um die Welt daran teilnehmen zu lassen, was sich bei Ihnen im Kirchenraum, im Gemeindesaal oder im Wohnzimmer abspielt. Wie gesagt: Wenn die persönliche Ebene stimmt, kann das sogar ansprechend sein. So können sich Gebetsgruppen sammeln, oder auch eine Ortsgemeinde um ihren Pfarrer. Aber besser wäre es, wenn das geschlossene Gruppen wären. Vieles, was sich von allen möglichen Menschen einsehen lässt, ist schlicht nur zum Fremdschämen.
Wenn schon digital, dann richtig. Und dafür muss Geld in die Hand genommen werden, das man an anderer Stelle streicht. Ein ZDF-Gottesdienst in hoher Qualität, der mit einer Livesendung fast eine Million Menschen anspricht, und dann noch hunderttausendfach in der Mediathek aufgerufen wird, hat eben seinen Preis.
Wer digital wirken will, muss für Qualität sorgen.
Wer digital wirken will, muss für Qualität sorgen. Das ist die erste Lehre, die die Kirche ziehen muss aus der Diskussion, wie sie mit der digitalen Technik in die Zukunft gehen kann.
Die zweite Lehre: Wenn ich jemanden persönlich kenne, dann weiß ich, wie er tickt. Und wenn er abgebildet wird im Internet und per Video zu mir spricht, dann kann ich Erinnerungen an ihn wachrufen. Und vieles verzeihen, was an Halbfertigem angeboten wird. Dann aber bitte in der geschlossenen Gruppe.
Wer auf die Gesellschaft zugehen will, digital, der muss das mit medientauglichem Personal und ebensolcher Inszenierung tun. Mit gleichbleibenden Gesichtern. In Vertrauen schaffender Form. Darum kann die Zukunft des digitalen gesellschaftlichen Wirkens der Kirche nur darin liegen, dass es ein kleines Team gibt, das die deutsche digitale Gemeinde kennenlernt und das diese Gemeinde um sich versammelt – mit einem qualitätsvollen digitalen Angebot.
Dafür könnten – dreißig Jahre vor der Zeit, in der das sowieso passieren wird – jetzt schon 100 der Kirchen verkauft werden, die alle noch geheizt werden, obwohl kaum einer sie besucht. Um damit eine digitale katholische Stiftung zu errichten, eine Art Kathedrale in der Medienlandschaft, die glaubensvoll und hoffnungsfroh mit ihren Mitarbeitenden die deutsche Gesellschaft erreicht und eine digitale Gemeinde aufbaut.