

FOTO: KAPUZINER/KIÊN HÓANG LÉ
Regelmäßig finden in der Kapuzinerkirche in Stühlingen Konzerte der Reihe „Musik im Kloster“ statt (hier ein Archivbild)
„Saiten-Klänge“: Begeisternde Musik in der Kapuzinerkirche in Stühlingen
Zur Reihe „Konzert im Kloster“ in Stühlingen zum Thema „Saiten-Klänge“ kamen drei Musikerinnen aus der Kulturhauptstadt Weimar nach Stühlingen. Sie begeisterten die Konzert-Besucher und machten sie mit der Musizierkunst der Barockzeit vertraut.
Die Musiker brachten ihre Barock-Celli mit: Instrumente, die wegen ihrer barocker Bauweise auch genauso tönten, wie die Musiker und Komponisten in dieser Zeit sich ihre Musik und das, was sie damit darstellen wollten, wohl vorgestellt haben. Einfacher, schlichter, sanfter, wahrnehmungsintensiver als das Spiel mit den Instrumenten der heutigen Zeit. Ein Cembalo, das nach dem Muster italienischer Cembali in barocker Struktur nachgebaut war, gehörte ebenfalls als Grundlage und innere Mitte zu diesem Zusammenspiel.
Gleich beim erste Frescobaldi Stück für Solo-Cello und Basso continuo konnte man die besondere Transparenz als wesentliche Qualität dieser Musik heraushören: Du hörst das Solo-Instrument, aber auch die gegenläufige Bassstimme ebenso deutlich und die harmonischen Grundlagen werden gestaltet von dem sanften Klang, den die Cembaloakkorde verbreiten.
Die Cellistin, Susanne Trinks, setze den ersten Solo-Akzent in diesem Programm mit der Solo-Suite Nr. 1 für Violoncello von J.S. Bach in G‑Dur. Kann man sich eine bessere Gestaltung vorstellen für diese Arpeggien der Prélude, die durch alle Harmonien gehen? Das Barockcello bot eben die Möglichkeit, jeden einzelnen Ton deutlich wiederzugeben. Keiner sollte zu besonders herausgestrichen klingen, sondern ein organischer Melodienfluss hervortreten, der gleichzeitig rückgebunden ist durch den Mehrklang, der aus der Tonfolge auch noch herausgehört werden kann.
Diese Suite (BWV 1007) gibt eine Reihe von Tänzen wieder. Allein die Unterschiedlichkeit dieser Tanzformen lässt die Vielfalt dieser Cello-Suite erkennen. Das barocke Instrument ermöglicht noch besser als ein klassisches Cello, die verschiedenen Stricharten und die Bogenführung zum speziellen und detaillierten Ausdruck zu nutzen. Ebenso war das zu spüren bei der Darbietung der anderen Cellistin, (Tabea Hubert), die den ersten und majestätisch wirkenden Satz der C‑Dur Suite Nr.3 aus diese Sammlung der sechs Solo-Suiten für Violoncello (BWV 1009) kraftvoll und ausdrucksstark zum Besten gab.
Die Zuhörer spitzen ganz besonders ihre Ohren, als ein Duo-Werk von einem französischen Komponisten für diese beiden Instrumente (ohne die Cembalo-Begleitung) zur Geltung kam. Jean-Baptiste Barriére hatte dieses Werk geschrieben, selber ein berühmter Cellist seiner Zeit. Hier war, besonders im zweiten Satz, der elegant-französische Ausdruckswille des Komponisten durch das Spiel mit diesen sensiblen Instrumenten zu spüren.
Aber auch das Cembalo sollte zur Geltung kommen: ebenfalls mit einem Meisterwerk der Bachschen Tastenmusik, noch aus seiner ersten Weimarer Zeit. Das Werk, die Toccata und Fuge in c‑moll (BWV 911) beginnt und endet im „Stylus phantasticus“, den Bach bei seinen Besuchen in Lübeck von der Norddeutschen Orgelmusik her kennen gelernt hat. In der weiteren Folge dieser Toccata hört man ein filigranes Kernstück der Kontrapunktik, das den Zuhörer immer mit dem gleichen Thema in alle irgendwie vertretbaren harmonischen Veränderungen mit auf den Weg nimmt und dabei alle Regeln und kreativen Möglichkeiten der Kompositions-Kunst zur Anwendung bringt. Das hört man sonst nur von den Orgelwerken dieses großen Meisters.
Welches Lebensgefühl mag den Weimarer Komponisten angeregt haben, solche Werke zu schreiben? Welche Geduld, welche Übersicht, welche Lebensfreude, welcher immer wieder neu ansetzende Gestaltungswille, der kaum sein Ende findet? Aber ahnen dürfen wir etwas von der Ewigkeit, auf die hin dieser Meister gelebt haben muss. Vor allem nach einer solchen, der Virtuosität voll entsprechenden Darbietung durch die Cembalistin Ying-Li Lo, die in Weimar an der Hochschule für Musik als Repetitorin und Dozentin eingesetzt ist und die über viele fachliche Qualifizierungen verfügt.
Abgeschlossen wurde das Konzert durch eine Sonate für Cello mit Begleitung. Eine Komposition, die zugleich italienische als auch englische Einflüsse verriet. Verantwortlich für dieses abwechslungsreiche Werk ist der Komponist Francesco Saverio Geminiani, der in seinem Leben und Wirken – von Italien seinem Heimatland ausgehend – viele Länder durchquerte und sich zuletzt in England niederließ. Dieses Werk offenbarte die ganze Spielfreude eines Italieners, der als Global-Player gelernt hatte, sich nicht nur an bestimmte Regeln halten zu müssen, sondern den Ausdruck priorisierte und im Verlauf der drei Sonatensätze der Geminiani-Sonate Nr. 2 in mit schnellem Harmoniewechsel überraschen konnte, dabei auf zu viele Regeln keine Rücksicht nahm. Susanne Trinks hatte dieses Werk einstudiert und brachte es mustergültig zur Geltung, assistiert von Tabea Hubert, die mit ihrem Cello und zusammen mit der Cembalistin den Continuo-Part übernahm.
Anhaltender Applaus der gut vierzig Zuhörer, die sich diesen Nachmittag ausgesucht hatten, um Barock-Musik in Reinform zu genießen, sprach Bände über die innere Bewegung, die dieses Musizieren bei ihnen ausgelöst hatte.
Ein Dank sei auch gesagt den Sponsoren, die die gesamte Reihe dieses Jahr wieder unterstützen und besonders dem Kulturamt des Landkreises Waldshut und dem Bürgermeisteramt von Stühlingen, welche die Ausleihe des Cembalo-Instrumentes von der benachbarten Firma Marc- Vogel, Cembalobau, aus Jestetten durch ihre großzügigen Spenden ermöglicht haben.
Text: Br. Jürgen Meyer,
Kapuziner im Kloster Stühlingen