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Weihnachtsimpuls 2023 des Provinzials
Leben erwecken: in Menschen, in der Kirche, in uns! Diesen weihnachtlichen Gedanken formuliert Br. Helmut Rakowski, Provinzial der Kapuziner, in seinem Weihnachtsimpuls.
Liebe Freundinnen und Freunde der Kapuziner,
in „Greccio“ feierte Franz von Assisi vor genau 800 Jahren das Weihnachtsfest. Außerhalb einer Kathedrale, mitten im Wald wollte er dem Geheimnis der Menschwerdung mit allen Sinnen nachspüren. Ein Mann aus der Umgebung besorgte eine echte Futterkrippe, legte Heu in sie hinein und schaffte Ochs und Esel herbei.
Die Biographen berichten allerdings, dass die Krippe leer blieb und auch Maria und Josef fehlten. Warum hat Franziskus das getan? War keiner da, der mitmachen wollte? Hat die Organisation nicht funktioniert? Musste gespart werden? Ich glaube, dass der Poverello absichtlich Raum gelassen hat, damit alle Mitfeiernden diese Rolle übernehmen konnten. Er wollte einladen, Gott Raum zu geben – bei uns.
In einer alten Lebensbeschreibung des Heiligen heißt es: „So kamen die Männer und Frauen, voller Freude darüber, auf diese neue Art und Weise feiern zu können. Hier gab man der Einfalt die Ehre, hier sang man das Lied der Armut und pries die Demut Gottes.“
Kommt man heute nach Greccio, findet man dieses Geschehen hineingemalt in den Putz der ärmlichen Einsiedelei. Alles ist festgehalten: Rechts die Krippenszene aus Bethlehem, mit Maria, Joseph und dem Kind. Links die Feier, die 1223 an diesem abgelegenen Ort stattfand. Allerdings hat der Maler das Geschehen ergänzt. Da sieht man Franziskus und den Priester mit den feiernden Bauern. Ochs und Esel sind im abgeblätterten Putz gerade noch erkennbar. Ein Futtertrog ist dargestellt – und darin ein Kind! Das heilige Spiel wurde für die Nachwelt vervollständigt um die fehlende Hauptfigur. Und der Maler scheute sich nicht, diesem Kind einen Heiligenschein zu geben. Für die Teilnehmer an dieser Weihnachtsfeier war dieses Spiel eine tiefe Begegnung mit dem Geheimnis der Menschwerdung Gottes. Der Künstler macht es deutlich: In dem armseligen Menschenkind, einem armen Bauernjungen vielleicht aus der Umgebung, begegnete ihnen Gott.
Welche Würde erhält durch das Geheimnis der Weihnacht jedes Menschenleben!
Nein! Religion schafft nicht Gewalt! Der Nährboden der Gewalt sind vielmehr Ungerechtigkeit, Unterdrückung und die Ausgrenzung von Millionen von Männern und Frauen, Kindern und Greisen von den Gütern dieser Erde sowie die nicht gelungene Versöhnung. Weil dem so ist, lassen sich allerdings leicht religiöse Gefühle missbrauchen. Das kann dann zu Ereignissen führen, wie wir sie in diesem Jahr erleben mussten. Kriege gehen weiter, neue Konflikte kommen dazu. Unstillbarer Hass bricht sich Bahn. Misstrauen wächst.
Die Rede von Gott ist daher um vieles wichtiger geworden. Nur so können wir Hass und Verblendung, aber auch unseren inneren Drang zur Rache verhindern. Das heißt aber auch, sich im Namen Gottes gegen Ungerechtigkeit und Elend einzusetzen und manchmal auch auszuziehen aus den Mauern der Sicherheit.
Thomas von Celano, einer der Biographen des Franz von Assisi, berichtet von einer Vision im Zusammenhang mit der Weihnachtsfeier von Greccio. „Ein tugendhafter Mann sah in der Krippe ein lebloses Kind liegen. Franziskus trat zu dem Kind, und er sah, wie das Kind aus einem tiefen Schlaf erwachte.“
Eine wunderbare Vision. Der vom Glauben an die Liebe Gottes Durchdrungene geht auf das leblose Kind zu, und es erwacht. Leben erwecken: in Menschen, in der Kirche, in uns! Ein wahrhaft weihnachtlicher Gedanke. Und Gott macht dazu den ersten Schritt.
Ihnen allen wünsche ich ein gnadenreiches und friedvolles Fest der Menschwerdung Gottes und ein gesegnetes neues Jahr 2024. Möge es uns gemeinsam gelingen, auch im nächsten Jahr auf Menschen zuzugehen und ihnen Leben zu schenken!
Pace e bene – Friede und alles Gute – Vrede en alle goeds!
Br. Helmut Rakowski,
Provinzial der Deutschen Kapuzinerprovinz