FOTO: KAPUZINER/KENDZIORA
BR. Michael Masseo Maldacker
wurde 1974 geboren und ist seit 2018 Kapuziner. Er studiert Theologie und lebt im Kapuzinerkloster Münster.
Gottesdienste nach Corona: Zum Kirchgang einfach klicken?
Hygiene, Digitalisierung, Hauskirche: Was bleibt nach der Pandemie? Der Kapuziner und Theologiestudent Michael Masseo Maldacker aus dem Kapuzinerkloster Münster hat sich in einer Seminararbeit mit den Folgen von Corona für Gottesdienste auseinandergesetzt. Für kapuziner.de hat er die Kernaussagen seiner Seminararbeit zusammengefasst.
Die Corona-Pandemie war auch für unsere Gottesdienste eine Krisenzeit. Kirchliche Versammlungen fanden zeitweise überhaupt nicht statt. Oder nur unter strengen Regeln und Auflagen. Besonders schmerzlich vermissten Gläubige die gemeinsamen Eucharistiefeiern in der Kirche.
Was lernen wir aus dieser Phase der Hilflosigkeit, die uns zwar irritierende und enttäuschende, aber auch neue Wege für Liturgie und gemeinsames Feiern aufzeigte? Wie wird unser Gottesdienst nach der Pandemiezeit aussehen? Selbst aktuelle wissenschaftliche Aufsätze und Artikel können darüber nur spekulieren.
Allein durch die Hygienemaßnahmen werden die Gottesdienste in der Kirche in Teilen ein anderes Gesicht erhalten. Der Wiener Liturgiewissenschaftler Hans-Jürgen Feulner glaubt, dass etwa der Friedensgruß seine äußere Form mit körperlichem Kontakt (Handschlag) dauerhaft verändern werde. „Man wird die Gläubigen vielleicht gerade in der Grippesaison darauf aufmerksam machen, sich beim Friedensgruß andere Zeichen der Verbundenheit zu geben.“
Eine große Ansteckungsgefahr sieht Feulner auch durch die Spendung der Mundkommunion an die Gläubigen. Sie werde zwar nicht verschwinden, müsse aber modifiziert werden: „Der Spender könnte beispielsweise zwischendurch seine Finger in hochprozentigen Alkohol eintauchen.“
Doch es geht nicht nur um Hygiene und Rituale, wenn man sich mit der Zukunft der Gottesdienste nach der Pandemie beschäftigt. Nach der Pandemie könne durchaus ein Neuaufbruch erfolgen, um als Kirche innovative und kreative Wege in der Liturgie des Gottesdienstes zu gehen.
Es geht vor allem um die Nutzung und Einbettung digitaler Angebote in unseren Glaubensalltag. Die katholische Kirche hat die technischen Möglichkeiten des Internets für die liturgische Gestaltung entdeckt und erfreut damit vermehrt jüngere Menschen, aber auch in der Mobilität Eingeschränkte, die bislang vor dem Fernseher mitfeierten.
Interaktive Gottesdienste unterscheiden sich durch die Möglichkeit der aktiven Teilnahme der/des einzelnen Gläubigen am Bildschirm zu Hause von den bloßen Live-Streamings von Gottesdiensten aus irgendeiner Kirche oder Kapelle. Internetplattformen wie Facebook oder YouTube bieten die Möglichkeit des Verfassens und Online-Stellens eigener Antwortrufe, eigener Kommentare zur Predigt oder gar des individuellen Formulierens und Teilens von persönlichen Fürbitten im Chat.
Die Zukunft der Kirche wird mit Sicherheit, aber nicht ausschließlich, im Internet liegen. Auch das hat die Pandemiezeit gezeigt. Es wurde durch gestreamte Messen in der Krisensituation klar, was den Gläubigen im Lockdown gefehlt hat: „Gottes Gegenwart braucht den Kontext, um erlebbar zu werden. Präsenz braucht Pragmatik, braucht Kommunikation, braucht Haptik, Anschauung und Geschmack“, sagt der Liturgiewissenschaftler Markus Tomberg.
Das Internet kann eben nicht, wie der Bochumer Neutestamentler Thomas Söding es in einem jüngst erschienenen Artikel sagt, wie ein Präsenzgottesdienst bewirken, „dass Menschen mit allen Sinnen, mit dem ganzen Körper in der analogen Einheit von Raum und Zeit den Glauben teilen und die Geheimnisse feiern“.
Ganz ohne Technik und Distanzen bieten auch Gottesdienstfeiern in häuslicher Gemeinschaft eine Feierform, die in der Coronazeit eine Renaissance erlebten. In der Diözese Rottenburg-Stuttgart etwa wurde Ende Mai dieses Jahres eine Hauskirchen-App verbreitet, die Impulse für das religiöse Miteinander zu Hause zur Verfügung stellt. Weihbischof Matthäus Karrer spricht dabei von einer „Wiederentdeckung der Hauskirche“ in der Pandemiezeit.
Kurz zusammengefasst: Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass die Möglichkeiten der Liturgie vielfältiger sind als gedacht. Einige der Veränderungen werden von den Gläubigen gerne angekommen. Nun sollte es darum gehen, in einem ehrlichen Diskurs die Lehren aus der Pandemie zu ziehen und nicht einfach zum Status Quo vor Corona zurückzukehren.