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FOTO: KAPUZINER/LEMRICH

16. Mai 2024

Aus der Angst kommen

Krieg, Kli­ma­kri­se, Krank­hei­ten: Die Welt­la­ge ist furcht­ein­flö­ßend. Angst bestimmt das Leben vie­ler Men­schen. Doch wie kom­me ich aus die­ser Angst ins Handeln?

Angst essen See­le auf. Was seit einem Film aus den 70er-Jah­ren als geflü­gel­tes Wort gilt, hat in den letz­ten Jah­ren an Dra­ma­tik gewon­nen. Angst um die Gesund­heit, Angst um die Demo­kra­tie und die Frei­heit, Angst um die Zukunft unse­res Pla­ne­ten, Angst um den Frie­den. Die­se Lis­te ist nur ein Aus­schnitt – und jeder kann die­se Lis­te um eige­ne, per­sön­li­che Ängs­te verlängern.

Neu ist: Immer mehr jun­ge Leu­te haben exis­ten­zi­el­le Ängs­te. So glau­ben nur acht Pro­zent jun­ger Erwach­se­ner laut einer Zukunfts­stu­die der Alli­anz Foun­da­ti­on, dass die Mensch­heit den Kampf gegen den Kli­ma­wan­del gewin­nen kann. Acht­zig Pro­zent der Befrag­ten kön­nen nach­voll­zie­hen, wenn Men­schen in die­sen Zei­ten zögern, Kin­der zu bekom­men. Fest steht: Der Kri­sen-Dau­er­be­schuss hat tie­fe Fur­chen im Bewusst­sein der jun­gen Gene­ra­ti­on hin­ter­las­sen. Sie sor­gen sich um ihre Zukunft.

„Wovor habt Ihr Angst?“: Die­se Fra­ge stell­te auch Br. Hans Pruck­ner, Kapu­zi­ner in Salz­burg und dort als Leh­rer tätig, sei­nen Schü­le­rin­nen und Schü­lern vor eini­gen Wochen im Unter­richt. Die Ant­wor­ten waren viel­fäl­tig: „Ver­lust­ängs­te, Job­su­che, Angst vor Krieg, auch die Sor­ge, ohne rich­ti­gen Part­ner ein­sam durchs Leben zu gehen: die Jugend­li­chen beschäf­ti­gen sich mit ihren 16 Jah­ren mit exis­ten­zi­el­len Fra­gen“, berich­tet der Ordens­mann. Bei eini­gen jun­gen Men­schen beob­ach­tet Br. Hans einen Mix aus Gelas­sen­heit und Ver­drän­gung: „Man­cher kapi­tu­liert vor der Anzahl nega­ti­ver Schlag­zei­len und ver­sucht, sich auf sei­ne nähe­re Umge­bung zu konzentrieren.“

Doch wie ver­hin­de­re ich, dass mich mei­ne Angst lähmt? Was gibt Halt und Kraft zum Han­deln? Br. Mari­nus Par­zin­ger, der als Kapu­zi­ner und Seel­sor­ger in Alt­öt­ting lebt, ist immer wie­der mit die­sen Fra­gen kon­fron­tiert. „Vie­le Men­schen füh­len sich ori­en­tie­rungs­los, sie haben Angst vor der Zukunft. Die Men­ge an Kri­sen welt­weit erzeugt ein Gefühl der Ohn­macht und eine fast apo­ka­lyp­ti­sche Grund­stim­mung“, sagt er. Die Reak­ti­on auf die Ängs­te fällt dabei unter­schied­lich aus: „Man­che resi­gnie­ren und sagen: Es ist schon zu spät. Ande­re kom­men über die Angst ins Han­deln. Es gilt, poli­tisch zu sein, etwas zu ver­än­dern“, sagt Br. Marinus.

Auch die Bibel kennt das The­ma „Angst“. Eine der beein­dru­ckends­ten Geschich­ten ist die vom Sturm auf dem See (Mt 14,22–33): Hier sind die Apos­tel ohne Jesus auf einem Boot unter­wegs. Sie gera­ten in einen Sturm und bekom­men Angst. Die­se stei­gert sich noch, als Jesus kommt, denn sie erken­nen ihn zuerst nicht, weil er auf dem Was­ser daher­kommt. Dann aber erkennt ihn Petrus, fasst sich ein Herz und läuft auf dem Was­ser auf Jesus zu. Er geht unter, Jesus zieht ihn hoch und wie­der ins Boot zurück.

Angst ist etwas Mensch­li­ches, das an ganz tie­fe Schich­ten rührt, denn sie zeigt an: Da stimmt etwas nicht, etwas ist aus der Ord­nung gera­ten und bedroht mich. Angst ist nichts Schlech­tes. Sie will mich auf etwas auf­merk­sam machen. Und doch funk­tio­niert genau das dann meist nicht so gut: Oft führt Angst zu Still­stand oder Über­re­ak­ti­on. Angst ist ein schlech­ter Bera­ter, heißt es, denn in Erstar­rung ist posi­ti­ves Han­deln nicht mög­lich. Und genau die­ses Han­deln ist nötig, um die Angst abzu­stel­len oder wenigs­tens zu mindern.

Um aus die­ser Situa­ti­on zu kom­men, hilft es, ratio­nal auf die Grün­de der Angst zu schau­en: Ist es in die­sem Moment wirk­lich so bedroh­lich, wie ich den­ke? Ist die Situa­ti­on hoff­nungs­los oder bleibt mir doch ein wenig Spiel­raum, um zu agieren?

„Wo ein Mensch aktiv wird, durch ein Gespräch oder ein krea­ti­ves Tun, kommt er aus sei­ner läh­men­den Hal­tung her­aus“, weiß Br. Mari­nus. Dabei kön­nen auch sehr klei­ne Schrit­te hel­fen. „Wenn ich mich auf Erreich­ba­res kon­zen­trie­re und damit Las­ten abwer­fe, dann habe ich eine gute Chan­ce, aus der Angst und der Enge zu kom­men“, sagt er. Denn das Erle­ben, dass sich etwas ändern kann, und sei es noch so wenig, ermu­tigt zum Weitergehen.

Hoff­nung spielt dabei eine gro­ße Rol­le, denn Hoff­nung ist auf die Zukunft aus­ge­rich­tet. Und es kann hel­fen, sich zu ver­ge­wis­sern, dass man nicht allein ist. Das beob­ach­tet auch Br. Hans bei sei­nen Schü­le­rin­nen und Schü­lern. „Wer Men­schen ver­traut, sich ande­ren anver­traut, der kann so eini­ges bewäl­ti­gen“, sagt der Kapu­zi­ner. Auch des­halb woll­te der hei­li­ge Fran­zis­kus, dass die Brü­der in sei­nem Orden immer min­des­tens zu zweit unter­wegs sind. Damit da jemand ist, an den man sich in sei­ner Angst klam­mern kann. Nicht zuletzt ist für Chris­tin­nen und Chris­ten die größ­te Hoff­nung, dass es Gott gibt. Einen Gott, der weiß, was Todes­angst ist. Vor dem man nichts ver­ste­cken muss.

Text: Br. Jens Kusen­berg und Tobi­as Rau­ser. Der Arti­kel ist zuerst in cap! erschienen. 

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