Interview

FOTO: KAPU­ZI­NER

BR. Jeremias und Zef Cara

auf dem Weg zu einem Haus­be­such in den Ber­gen Nord-Albaniens

12. Okto­ber 2023

Erfolgreicher Start der Kapuziner-Ambulanz in Albanien

Br. Jere­mi­as Bor­gards lebt seit einem Jahr in Alba­ni­en. Dort hat der Pries­ter und Kran­ken­pfle­ger ein Ambu­lanz-Pro­jekt gestar­tet. Wie die­ses anläuft und wie es ihm in Alba­ni­en geht, sagt er im Interview. 

Br. Jere­mi­as, Sie sind jetzt ein Jahr in Alba­ni­en. Wie geht es Ihnen?
Das Jahr hier in Alba­ni­en ist sehr schnell ver­gan­gen und ich füh­le mich sehr wohl hier! Sowohl bei den Men­schen vor Ort als auch auf der Mis­si­ons­sta­ti­on und, was mir beson­ders wich­tig ist, mit mei­ner Arbeit als Kran­ken­pfle­ger im Dienst für die Kran­ken. Die ein­zi­ge wirk­li­che Schwie­rig­keit und Her­aus­for­de­rung für mich ist und bleibt wohl auch noch für län­ge­re Zeit die Spra­che. Was die alba­ni­sche Kul­tur, Men­ta­li­tät und Lebens­wei­se betrifft, so kom­me ich oft ins Stau­nen. Ich ent­de­cke jeden Tag neue Din­ge. Aber da ich mich ger­ne in frem­den Kul­tu­ren bewe­ge, ist das kei­ne Her­aus­for­de­rung, son­dern eine Bereicherung.

Wie ist das Leben auf der Mis­si­ons­sta­ti­on, Sie sind ja dort drei Kapuziner?
Eigent­lich sind wir zu viert, wenn wir die Grün­de­rin der Mis­si­ons­sta­ti­on, Sr. Gra­ti­as Ruf, mit­zäh­len. Und ja, wir leben zu dritt in einer Kapu­zi­ner-Gemein­schaft. Und wir sind dabei aus ganz unter­schied­li­chem Holz geschnitzt! Das macht es nicht immer leicht, im offe­nen und ehr­li­chen Dia­log fin­den wir aber immer einen gemein­sa­men, guten Weg. Uns ver­bin­det, dass wir uns alle drei für das Leben in Alba­ni­en und mit den Men­schen in Fus­hë-Arrëz und der Berg­re­gi­on ent­schie­den haben.

Sie drei haben ja sehr unter­schied­li­che Aufgaben.
Ja, so ist das. Und so hat auch jeder die Mög­lich­keit, in sei­nem Bereich ech­te Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men. Das macht unser Mit­ein­an­der und unse­re Gesprä­che leben­dig und viel­fäl­tig. Und wir haben ja etwas, das uns über die Arbeit und das Enga­ge­ment hin­aus noch viel tie­fer ver­bin­det: unse­re christ­lich-kapu­zi­ni­sche Spi­ri­tua­li­tät. Sie wird durch den Glau­ben an Gott, auf des­sen Ruf hin wir ja durch unser Leben ant­wor­ten, genährt.

Was ist Ihre Aufgabe?
Ich bin immer noch ein Stück in der Ein­ge­wöh­nungs­pha­se, denn noch habe ich längst nicht alle wich­ti­gen und not­wen­di­gen Erfah­run­gen mit Land und Leu­ten gemacht. Aber das ist nicht alles: Ich bin hier schon im Ein­satz als Krankenpfleger.

Wie kann man sich die Arbeit kon­kret vorstellen?
Ich arbei­te mit dem ein­zi­gen Arzt vor Ort, Dr. Niko­lin Bard­ho­ku, zusam­men. Wir fah­ren oft gemein­sam zu Haus­be­su­chen und haben am Diens­tag am Vor­mit­tag Sprech­stun­de in der zur Mis­si­ons­sta­ti­on gehö­ri­gen Ambu­lanz. Hier küm­mert sich der Dok­tor um Dia­gno­sen und Medi­ka­ti­on und ich mich um Wund­ver­sor­gung, Haut­lä­sio­nen, ortho­pä­di­sche Hilfs­mit­tel, Throm­bo­se­pro­phy­la­xe und Bera­tun­gen ver­schie­dens­ter Art im pfle­ge­ri­schen, aber auch diä­te­ti­schen Bereich.

Sind Sie auch außer­halb der Sta­ti­on unterwegs?
Ja, genau. Ich habe vie­le Haus­be­su­che, oft mit bis zu 40 oder sogar 80 Kilo­me­tern für Hin- und Rück­weg. Das Gebiet mei­ner Tätig­keit als Kran­ken­pfle­ger erstreckt sich über etwa 80 bis 100 Kilo­me­ter, oder in Orten aus­ge­drückt: von Gjeg­jan und Puka über Fus­hë-Arrëz bis Lek­bi­baj und Dus­haj. Wenn es zum Bei­spiel in die Ber­ge nach Pap/Berisha geht, bin ich sechs Stun­den unter­wegs. Die Arbeit ist viel­fäl­tig: Von Ver­bren­nun­gen über Fäden zie­hen, Schu­lung von Ange­hö­ri­gen, bis hin zu Deku­bi­tus­ver­sor­gung und ‑pro­phy­la­xe, Medi­ka­men­ten­be­schaf­fung und Lie­fe­rung fin­det sich alles, was man sich an pfle­ge­ri­scher Hil­fe vor­stel­len kann.

Wie unter­schei­det sich Ihre Arbeit von der in Deutschland?
Es ist ein ganz ande­res Arbei­ten als in unse­rem hoch­mo­der­nen Pfle­ge­be­trieb in Deutsch­land. Mich fas­zi­niert bei all dem, wie eng ich als Pfle­gen­der an den Sor­gen und Nöten der Men­schen bin. Und wie­viel es wert ist, dass ich hier in Alba­ni­en Zeit für die Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten, deren Fami­li­en sowie Sor­gen und Nöte habe. Ganz anders als in Deutsch­land. Bei mei­ner Arbeit habe ich neu ent­deckt, wie wich­tig es ist und auch in Deutsch­land wäre, wenn die Pfle­ge­kräf­te Zeit für den Pati­en­ten mit­brin­gen. Hier geht es um Wer­te und die Bedeu­tung von Zuwen­dung in der Pflege.

Wird Ihre Arbeit gut angenommen?
Im Gro­ßen und Gan­zen ja! Anfangs gab es mal die Sor­ge, dass ich als Mann in man­chen Berei­chen viel­leicht Schwie­rig­kei­ten haben könn­te, aber das ist eher nicht so. Auch mit den ein­hei­mi­schen Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen gibt es kei­ne Schwie­rig­kei­ten, da ich mich nicht in ihre Arbeits­fel­der ein­mi­sche. Da ich bei den Haus­be­su­chen oft zu sehr armen oder abge­le­gen leben­den Fami­li­en und Kran­ken kom­me, bin ich natür­lich auch als Abwechs­lung im All­tag sehr will­kom­men. Es gibt vie­le pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge und Kran­ke, die sich allein­ge­las­sen füh­len und allein das auf­zu­fan­gen mit mei­ner Prä­senz ist ein guter Dienst, der ankommt.

Wo liegt die größ­te Herausforderung?
Die wirk­lich größ­te Her­aus­for­de­rung ist, die adäqua­ten Mate­ria­li­en zu fin­den. Es geht dar­um, das Weni­ge, das vor­han­den ist so ein­zu­set­zen, dass es lan­ge reicht und nicht ver­schwen­det wird. Aber das ist ja auch eine Ver­ant­wor­tung unse­ren Spen­de­rin­nen und Spen­dern gegen­über, die ich sehr ernst nehme!

Wie ist denn die Situa­ti­on der Men­schen vor Ort, was die Gesund­heits­ver­sor­gung angeht?
Schlecht, so kann man es mit einem Wort aus­drü­cken. Das staat­li­che Gesund­heits­sys­tem basiert eigent­lich dar­auf, dass die medi­zi­ni­sche Behand­lung durch den All­ge­mein­me­di­zi­ner und das Kran­ken­haus kos­ten­los sind. In den meis­ten Fäl­len muss aber trotz­dem etwas gege­ben wer­den, sonst wird nicht behan­delt. Und da die meis­ten Men­schen unse­rer Regi­on kaum Geld haben, sind Dr. Niko­lin, der kein Geld von den Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten ent­ge­gen­nimmt, und unse­re Mis­si­ons­sta­ti­on, oft­mals die ein­zi­gen, die für vie­le Men­schen regel­mä­ßi­ge Visi­ten und medi­ka­men­tö­se Ver­sor­gung garantieren.

Sie sind auch Pries­ter, sind Sie auch als Seel­sor­ger unterwegs?
Natür­lich, das geht ja gar nicht anders, es ist ja Teil mei­ner Iden­ti­tät. Egal, wohin ich kom­me, ob Mus­li­me oder Chris­ten, ich brin­ge mich als Seel­sor­ger immer mit und wer­de auch immer wie­der dar­auf ange­spro­chen. Seel­sorg­li­che Gesprä­che, soweit die Spra­che das zulässt, fin­den immer wie­der statt und auch Kran­ken­sal­bung spen­den oder Beer­di­gun­gen bei katho­li­schen Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten gibt es. Als Leib- und Seel­sor­ger den Men­schen begeg­nen: Was kann es Schö­ne­res geben?

Was sind Ihre Plä­ne für die Zukunft?
Ich möch­te einen lang­fris­tig eta­blier­ten, mobi­len Pfle­ge­dienst auf­bau­en, sowie ein klei­nes Wohn- und Pfle­ge­heim. Dazu braucht es län­ger­fris­ti­ge Unter­stüt­zung durch Spon­so­ren, even­tu­ell sogar Kli­ni­ken, die sich uns in irgend­ei­ner Wei­se als Mit­trä­ger oder Part­ner anbie­ten. Ich selbst freue mich, hier in Alba­ni­en an genau die­ser Stel­le zu sein. Hof­fent­lich, so Gott will, bleibt das noch lan­ge so!

Mehr über die Ambu­lanz in Alba­ni­en kön­nen Sie auf dem Blog von Br. Jere­mi­as erfah­ren: kli­cken Sie hier

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