

FOTO: KAPUZINER
Erfolgreiches Projekt
Br. Christian Albert (rechts) kümmert sich mit Br. Andreas Waltermann um die Verteilung der Ferkel in die Dörfer.
Hilfe zur Selbsthilfe: Ferkel für albanische Bergdörfer
Seit 12 Jahren stellen die Kapuziner albanischen Familien Ferkel zur Verfügung, die eigenverantwortlich versorgt werden. Br. Andreas Waltermann berichtet über vorhandenes Knowhow und Leidenschaft für die Landwirtschaft.
Die Region um Fushë-Arrëz in den Bergen Albaniens ist sehr arm, die Arbeitslosigkeit ist hoch. Viele Familien sind weggezogen, weil es so gut wie keine Perspektiven gibt. Albanien steckt in einer massiven Identitätskrise. Wer kann, geht weg. In Albanien ist ja nichts, so denken viele. Die meisten Familien in den Dörfern leben von ihrer kleinen Landwirtschaft. Mehr schlecht als recht, von der Hand in den Mund. Mehr ist nicht drin. Die Felder sind klein. Die Familien, die wegziehen, lassen ihre Felder unbearbeitet zurück. Man könnte sie an die Zurückgebliebenen verpachten. Das geschieht aber leider nicht. „Toka ime“ (mein Land) ist oft Anlass für Streit und unselige Konflikte zwischen den Familien.
Jede Familie, die noch in unseren Dörfern lebt, hat Hühner, einige haben eine Kuh, andere ein paar Ziegen, andere vier/fünf Schafe, meistens halten sie für den Eigenbedarf ein Schwein. Was alle haben, ist das nötige Knowhow, wie man mit Vieh umgehen muss. Das ist ihr Alltagsgeschäft. Das haben sie in den Kooperativen der kommunistischen Zeit gelernt.
Vor zwölf Jahren haben wir Kapuziner mit dem Schweine-Projekt für unsere Region begonnen. Möglich wurde das durch großzügige Spenden von Spenderinnen und Spendern aus Deutschland und Österreich. Das Prinzip ist einfach: Eine Familie bekommt ein bis zwei Ferkel und für den Anfang pro Schweinchen 25 Kilogramm Futter. Danach müssen die Familien sich selber kümmern, dass die Schweine groß werden. Zum Jahresende können die Schweine dann verkauft oder für den Eigenbedarf verwendet werden.
Jede Familie muss an mich 4.000 Lek zurückzahlen, das sind aktuell etwa 33 Euro, etwa ein Drittel des Anschaffungspreises für ein Ferkel. So können sie im nächsten Jahr wieder teilnehmen. Der Rest wird über Spenden finanziert. Die Rückzahlquote liegt bei etwa 85 bis 90 Prozent. In besonderen Härtefällen lasse ich den Familien die Rückzahlung nach.
Für das Gelingen dieses Vieh-Projektes mit den Schweinen müssen die Familien selbst beitragen. Mit ihrer täglichen Arbeit, mit ihren Erfahrungen und ihrem Wissen, ihrer alltäglichen Kompetenz und ihrer Aufmerksamkeit. Natürlich muss jedes Familienoberhaupt mit mir einen Vertrag machen.
In diesem Jahr haben wir am 12. April 85 Ferkel an 47 Familien in neun armen Bergdörfern austeilen können. Die Ferkel kommen aus einer Zuchtanlage in der Nähe von Shkodër, etwa 90 Kilometer entfernt, werden dann per LKW zu uns nach Fushë-Arrëz gebracht und dann von hier aus mit dem Landrover und einem Anhänger in die Dörfer transportiert. Dort warten die Leute mit Schubkarre, Weidenkorb oder Säcken für den Weitertransport zu ihren Häusern.
Die meisten Familien nehmen schon seit Jahren an diesem Projekt teil. Es trägt sehr zur Stabilisierung der Familien in unserer ausgebluteten Region bei. Wer Vieh hat, geht so leicht nicht weg. Und manche Leute hier haben nicht nur eine große Verbundenheit mit dem Ort, an dem sie seit Generationen leben, sondern auch eine tiefe Leidenschaft für die eigene Landwirtschaft, auch wenn sie vielleicht nicht viel abwirft.
Seit vielen Jahren gehört das Schweine-Projekt zu den Facetten unserer sozialen Hilfen, die wir von der Missionsstation in Fushë-Arrëz aus in den verstreut liegenden Dörfern unserer Bergregion anbieten können. Dazu gehören auch Hausbauten, Dachreparaturen, Ausbildungshilfen für Schüler und Studenten, Unterstützung mit Lebensmitteln, Bekleidung und Einrichtungsgegenständen, ein Tante-Emma-Laden auf Rädern, Hilfe in Krankheitsfällen und bei existentieller Not und vieles mehr.
Für uns gehört die soziale Dimension zum Gesamtkonzept unserer Pastoral in dieser armen Bergregion. Unsere gesamte soziale Arbeit ist aber nur möglich, weil uns sehr viele Menschen aus Österreich und Deutschland mit ihren Spenden helfen, so auch bei der Finanzierung des Ferkel-Projektes. Herzlichen Dank dafür!
Text: Br. Andreas Waltermann