
FOTO: KAPUZINER/LÊMRICH
BR. JENS KUSENBERG
lebt im Kapuzinerkloster St. Anton in München und ist als Priester in der Seelsorge tätig.
Impfneid in Corona-Zeiten: Verzwergt Euch nicht!
Nicht im Haben, sondern in der Hingabe besteht wahre Größe: Der Kapuziner Jens Kusenberg kommentiert den wachsenden Impfneid in der Gesellschaft. Er sagt: Eigene Größe lässt den anderen auch groß sein.
Es ist großartig und schrecklich zugleich. 1933 malte Otto Dix, damals Kunstprofessor in Dresden, sein Bild Die sieben Todsünden. Allegorisch dargestellt und im Stil alter Meister gemalt, sind dort in einem grotesken Karnevalszug sieben Figuren. Der Neid ist ein Zwerg oder ein Kind. Vor sein Gesicht hält er eine Maske. Die Augen schielen nach links und rechts. Und doch schaut er im Grund nur auf sich selbst, dieser grell-gelbe Zwerg.
Der Neid verzwergt. Er macht den Neidischen klein, weil man nur Bauchnabelschau hält. Und obwohl man ständig auf die anderen schielt, nur auf sich selbst schaut. Nur für sich will der Neid alles haben, was den anderen Freude und Erfolg bringt. Wie ein Kind, das rein auf sich selbstbezogen ist, rafft der Neid alles nur für sich. Und damit hält er die anderen klein und sich selbst auch.
Größe zeigt sich darin, dass der und die andere ebenfalls gelten kann. Das ist Annahme der Realität, dass es nicht ohne die anderen auch in meinem Leben funktioniert. Und dass ich selbst nicht der Nabel der Welt bin und Bauchnabelschau mich von anderen entfremdet. Eigene Größe lässt den andern auch groß sein.
Wenn jetzt von Impfneid gesprochen wird, erscheint der gelbe Zwerg wieder. Natürlich macht sich jeder Sorgen um sich. Aber die Impfpriorität der Bundesregierung ist ja von dem Gedanken getragen, dass zuerst die Schwachen geschützt werden sollen. Und limitierender Faktor ist im Moment der Impfstoff. Es ist ja nicht so, dass nicht jeder und jede geimpft werden soll. Sondern dass der Impfstoff erst produziert werden muss. Impfneid verzwergt, weil die anderen außer Acht gelassen werden. Weil gesagt wird, dass man selbst wichtiger sei. Das stimmt meistens nicht!
Jesus Christus zeigt im Johannesevangelium, worin wahre Größe besteht: Nicht im Haben, sondern in der Hingabe: „Ich habe Macht mein Leben hinzugeben.“ (Johannesevangelium Kapitel 10, Vers 18) Das verzwergt nicht, sondern macht den andern groß. Und im Letzten zeigt das auch die eigene Größe.