
Zu zweit in der Ukraine
Br. Jeremias und Br. Moritz waren Anfang des Jahres gemeinsam vor Ort
Rückblick 2022: Kapuziner im Einsatz für die Ukraine
VOR ORT HELFEN: MIT DIESEM ZIEL SIND KAPUZINER AUS DEUTSCHLAND NACH KRIEGSAUSBRUCH IN DIE UKRAINE AUFGEBROCHEN. ES WAR DER BEGINN DER DAUERHAFTEN UKRAINE-HILFE DES ORDENS.
Es war Ende Februar – und die ersten, schrecklichen Bilder aus der Ukraine flackerten über die Bildschirme. Die Kapuzinerbrüder Jeremias und Moritz im Kloster in Münster trieb erschüttert die Frage um: Was können wir tun? Gemeinsam beschlossen sie: „Wir fahren in die Ukraine. Wir nehmen die Kriegsopfer in den Fokus unserer täglichen Arbeit und des Gebetes.“
Die Kapuziner stellten mit der Hilfe zahlreicher Spenderinnen und Spender einen 40-Tonner mit Hilfsgütern zusammen. Wundversorgungsmaterial und andere, dringend benötigte Güter. Schusssichere Westen für medizinisches Personal. Rollstühle und Krücken.
Mit dem Lkw und einem Kleinbus machten sich Br. Moritz Huber und Br. Jeremias Borgards auf den Weg an die polnisch-ukrainische Grenze. Ihr Ziel: Lviv (Lemberg). In einem griechisch-katholischen Priesterseminar vor Ort kamen die Brüder unter und konnten mehrere Wochen am Bahnhof der Stadt Flüchtende aus der Ostukraine unterstützen. Mit einer warmen Suppe, einer Umarmung, einem Segen. Eine Zeit, die die Brüder sehr geprägt hat – und das nicht nur aufgrund der schlaflosen Nächte, die oft aus Raketenalarm und dem Umzug in den Keller des Priesterseminars bestanden.
Diese Zeit hat mich im guten Sinne im Glauben gefestigt. Und das nicht in einem festgefahrenen Sinne, sondern eher befreit.“
Immer wieder kamen Menschen auf der Flucht aus dem Osten des Landes am Bahnhof an und brachten ihre Geschichten mit, zeigten Fotos und Videos von furchtbaren Gräueltaten, berichteten von Hinrichtungen. „In dieser Zeit in Lviv ist mir sehr klar geworden, wie wichtig die Dimension der Hoffnung in unserem Leben ist. Eine Hoffnung, die aus unserem Glauben kommt“, berichtet Br. Jeremias.
Für den Ordensmann haben Karfreitag und Ostern in den Tagen und Wochen in Lviv eine neue Bedeutung bekommen. Die bisher gefeierte, ausgefeilte Liturgie rückte unter Raketenalarm in den Hintergrund, die Kraft dahinter wurde verstärkt spürbar. „Diese Zeit hat mich im guten Sinne im Glauben gefestigt. Und das nicht in einem festgefahrenen Sinne, sondern eher befreit“, sagt Br. Jeremias. Er stellt bei sich eine neue Leichtigkeit fest. „Ich darf mein Leiden an Gott übergeben, es ihm hinhalten. Denn Gott leidet unter dem Krieg in der Ukraine, er leidet darunter, dass es Christen gibt, die diesen Krieg legitimieren. Das gibt mir Kraft, weiterzumachen und die Dinge anzugehen.“
Die beiden Kapuziner waren gemeinsam unterwegs. So hatte es schon der Ordensgründer Franz von Assisi vor vielen Jahrhunderten verfügt: Brüder sollen sich zu zweit auf den Weg machen. Dass das eine gute Idee war, wurde den beiden Ordensbrüdern, die sich vor ihrer Reise kaum kannten, schnell klar. „In diesem Auftrag steckt ein spiritueller Aspekt, der wichtig ist: Aufeinander hören, den anderen ernst nehmen, im Gebet gemeinsam einen guten Weg finden“, sagt Br. Jeremias. Br. Moritz ergänzt: „Wer zu zweit mit der gleichen Mission im Einsatz ist, der merkt, dass man nicht nur eine Zweckgemeinschaft ist, sondern dass man als echte Brüder mit einem Ziel unterwegs ist.“
In dieser Zeit in Lviv ist mir sehr klar geworden, wie wichtig die Dimension der Hoffnung in unserem Leben ist. Eine Hoffnung, die aus unserem Glauben kommt.“
Für Br. Moritz war wichtig, dass die Provinz und die Mitbrüder vor Ort den Einsatz aus vollem Herzen unterstützten. „Das war und ist eine sehr schöne Erfahrung. Für mich als franziskanischem Ordensmann kann eine solche Reise nur gelingen, wenn sie vom Segen und dem Gebet der Mitbrüder getragen ist.“ Dass sich die beiden Ordensbrüder vorher kaum kannten, war kein Problem. „Uns verbindet die Ehrlichkeit, das Geradeheraus-Denken und ‑Sprechen. Und vor allem eine tiefe franziskanische Spiritualität“, sagt Br. Jeremias.
Nach einigen Wochen kamen die beiden Ordensleute mit anderen Flüchtenden im Kleinbus zurück nach Münster. Gemeinsam machten sich die Kapuziner mit anderen Brüdern wie Br. Alexander Schröter daran, mit dem Wissen um die Situation vor Ort, weitere Transporte vorzubereiten. Daraus entstand die Ukraine Hilfe der Kapuziner. „Die Spendenbereitschaft und die Betroffenheit der Menschen rund um unsere Klöster war beeindruckend. So konnte aus einer kleinen Idee etwas Großes werden“, berichtet Br. Moritz. Es folgten weitere Besuche von Br. Jeremias in Lviv – und weitere Hilfstransporte.
Zahlreiche 40-Tonner mit Getreide, Backwaren, Wasser, medizinischem Material und vielen Dingen mehr konnten die Kapuziner in diesem Jahr auf die Reise schicken. Der aktuelle Stand im Dezember: 23 Lkw. Vor Ort wird das Material dann von den Seminaristen des griechisch-katholischen Priesterseminars und anderen Helferinnen und Helfern mit kleineren Transportern und Pkw in die Dörfer verteilt.
Wir erleben die Kraft und die Einheit zwischen uns und den Menschen, die aus Entfernung für die Betroffenen beten“
Um die Weitergabe zu erleichtern, hatten die Kapuziner persönlich im April zwei Kleinbusse in die Ukraine gebracht, die dort seitdem für die Weiterverteilung der Hilfsgüter und den Transport von Verwundeten eingesetzt werden. „Wir liefern immer nur das, was wirklich vor Ort auch gebraucht wird“, betont Br. Jeremias. Er kümmert sich auch weiterhin mit seinen Partnern in Deutschland um die Organisation der Hilfen, auch wenn er mittlerweile nicht mehr in Münster, sondern in Albanien lebt.
„Ohne unsere großartigen Partner könnten wir viele Dinge nicht schaffen“, sagt Br. Jeremias. „Deswegen an dieser Stelle hier: Danke für die Unterstützung!“ Vor Ort ist das Priesterseminar in Lviv mit dem Subregens Mykhaylo Plotsidem der Ansprechpartner. Von dort aus werden die Hilfsgüter dann direkt ins Land weiterverteilt. Gelder und Sachspenden kommen von hunderten Unterstützern, die Beträge zwischen 20 und 20.000 Euro zur Verfügung stellten. Ob es eine kleine Spende vor Ort in der Kirche, medizinisches Material, ein Solidaritätskonzert, Friedensgebete oder die Spende eines Fußballvereins wie dem SC Freiburg ist: die Zahl der Unterstützer für die Ukraine-Hilfe der Kapuziner ist riesig und bunt. „Ich danke Ihnen im Namen der Kapuziner, von ganzem Herzen!“, sagt Br. Moritz. Auch logistisch werden die Kapuziner durch engagierte Partner unterstützt, beispielsweise durch den Verein Nottuln & Friends, den Selbstlos e.V., die Alexianer GmbH, Paul Harwerth von Harwerth Trucks, Theo Große-Starmann von der Königsberghilfe und Spediteur Galyna Malysh direkt aus Lviv.
Und 2023? „Solange wir Spenderinnen und Spender haben, machen wir weiter!“, hofft Br. Jeremias. „Ein Ende des Krieges in der Ukraine ist bis jetzt nicht abzusehen und anschließend wird es um einen Neuanfang gehen“, sagt Br. Moritz. „Auch wenn das Geld hier in Deutschland bei vielen knapper wird, hoffe ich, dass diejenigen Menschen, die ganz unmittelbar unter dem Krieg leiden, nicht vergessen werden.“
Hilfe wird weiterhin benötigt – in welcher Form auch immer. Br. Moritz: „Unterstützen Sie uns Kapuziner und unsere Ukraine-Hilfe und öffnen Sie auch weiterhin Ihre Herzen für das Leid der Menschen!“ Und nicht nur eine Spende hilft: Die Kapuziner bitten Sie auch um Ihr Gebet. „Wir erleben die Kraft und die Einheit zwischen uns und den Menschen, die aus Entfernung für die Betroffenen beten“, sagt Br. Jeremias. „Bitte unterstützen Sie uns deswegen auch, indem Sie im Gebet bei den betroffenen Menschen sind!“
So können Sie helfen!
Konto: Deutsche Kapuzinerprovinz
IBAN: DE87 4006 0265 0003 2133 02
BIC: GENODEF1M05
Verwendungszweck: Ukraine-Hilfe