Interview

FOTO: KAPUZINER/LEDERSBERGER

BR. MORITZ HUBER

wur­de 1995 im baye­ri­schen Fried­berg gebo­ren. Der gelern­te Brau­er trat 2020 in den Kapu­zi­ner­or­den ein. Zur­zeit lebt der jun­ge Ordens­mann im Kapu­zi­ner­klos­ter in Salz­burg und stu­diert dort Theologie. 

28. Novem­ber 2023

Was treibt Dich an? Br. Moritz im Interview

Die neue Inter­view-Serie „Was treibt Dich an?“ aus dem Maga­zin „cap!“ geht der Fra­ge nach, was der Treib­stoff für ein gelin­gen­des Leben ist. Den Anfang macht Br. Moritz Huber, Kapu­zi­ner in Salzburg.

„Ich bin glück­lich.“ Wann haben Sie das zum letz­ten Mal gedacht?
Br. Moritz Huber: Gestern.

Was war der Anlass?
Das Wet­ter war schön, ich war spa­zie­ren durch Salz­burg, eine sehr schö­ne Stadt. Schön­heit und Glück pas­sen gut zueinander. 

Wann waren Sie zuletzt unglücklich?
Ich fin­de es schwie­rig, das zu beant­wor­ten. Wenn man trau­rig ist, zwei­felt oder hadert: dann muss man ja nicht gleich unglück­lich sein. Natür­lich habe ich auch schlech­te Tage. Unglück und Glück sind aber wei­te Fel­der und ich per­sön­lich unter­schei­de eher zwi­schen Glück und Zufrie­den­heit. Wich­tig ist, dass man zufrie­den ist.

Was ist Zufriedenheit?
Zufrie­den ist der, der wenig braucht. Nicht der, der viel hat. Mir geht es dar­um, zufrie­den zu sein, denn ich will mit dem, was ich habe, so wie ich da bin, gut und in Frie­den leben kön­nen. Es geht mir nicht um beson­de­re Erleb­nis­se oder Hoch­ge­füh­le, ich brau­che das nicht. Für mich geht es dar­um, auf dem Boden zu ste­hen und in Frie­den zu sein. Das Leben anneh­men, so wie es ist. Ich kann schwer trau­rig sein und gleich­zei­tig glück­lich. Aber ich kann schon trau­rig sein und gleich­zei­tig zufrie­den. Des­we­gen geht es mir um Zufriedenheit.

Wie erreicht man die­ses „in Frie­den sein“?
Da gibt es kei­nen Plan und kein Pro­jekt. Was für mich auf jeden Fall dazu­ge­hört, das sind der Ver­zicht und die Genüg­sam­keit. Es muss auch mal rei­chen, sich in die Son­ne in den Gar­ten zu set­zen, um zufrie­den zu sein. Wenn man immer dar­an denkt, was jetzt noch bes­ser wäre, dann wird es nichts mit der Zufriedenheit.

Wie haben Sie das gelernt?
Das ist ein The­ma, das mich mein gan­zes Leben beglei­tet. Auch ich ver­lie­re es immer wie­der aus dem Blick, aber gera­de in der christ­li­chen Dimen­si­on mer­ke ich immer wie­der, was Erlö­sung eigent­lich bedeu­tet. Wenn ich mir bewusst bin, dass ich von Gott ange­nom­men, geliebt und erlöst bin, dann lebe ich ganz anders. Dann kann ich zufrie­den sein. Das Ein­las­sen auf das Leben, es anneh­men, wie es ist, das ist der Schlüssel.

Wie sieht es zur­zeit in Ihrem Leben aus?
Ich bin in einer Pha­se, in der ich zufrie­den bin, das kann ich schon sagen. Den­noch hade­re und zwei­fe­le auch ich, vor allem, wenn es um die Fra­ge geht: Wo ste­hen wir denn in der Gesell­schaft, in der Kir­che und im Orden? Es braucht auch Ver­än­de­rung und kon­kre­te Zie­le, um zufrie­den zu sein. Da kann ich ganz per­sön­lich sagen: Ich kann mich nicht ein­fach hin­set­zen und sagen: passt doch alles! Das wäre für mich Gleich­gül­tig­keit, kei­ne Zufriedenheit.

Sie sagen, dass Sie das The­ma schon lan­ge beglei­tet. Seit wann?
Das war auf dem Gym­na­si­um, auf dem Weg zum Abitur. Schu­le ist mir immer sehr leicht­ge­fal­len und ich hat­te gute Noten. Den­noch war ich mit dem Bil­dungs­sys­tem, das jede Indi­vi­dua­li­tät und eige­ne Inter­es­sen im Keim erstickt, sehr unzu­frie­den. Ich dach­te: Was soll ich denn mit den guten Noten, dem Abi? Was will ich? Das war eine schwe­re Lebens­pha­se und ich bin viel in die Stil­le gegan­gen. Mir wur­de klar: Dein Leben braucht eine Ausrichtung.

Wel­che Rol­le spiel­te Gott dabei?
Nicht die zen­tra­le Rol­le. Den­noch kam die Got­tes­fra­ge ins Spiel, da es auch um Dank­bar­keit ging. Denn es stellt sich natür­lich die Fra­ge: Wem bin ich denn dankbar?

Sie sind Brau­er geworden.
Ich woll­te auf kei­nen Fall stu­die­ren, die­ses ver­zweck­te Ler­nen war nichts für mich. Ich woll­te leben und im Leben ste­hen. Eine Ein­fach­heit mit einem nor­ma­len Aus­bil­dungs­be­ruf und Men­schen um mich her­um, die ich mag und die mich mögen. Der Beruf passt zu mir, es war die rich­ti­ge Ent­schei­dung. Nach der Aus­bil­dung stell­te sich die Fra­ge, was und wo machen? Ich habe als Brau­er gear­bei­tet, und war spä­ter auch für die Flücht­lings­ver­sor­gung in mei­nem Land­kreis zuständig.

Eine wich­ti­ge Rol­le bei ihrer Ent­schei­dung fürs Kapu­zi­ner-Sein spiel­te eine Wan­de­rung nach Rom.
Ich bin mit einem Freund von Inns­bruck nach Rom gelau­fen, ein sehr prä­gen­des Erleb­nis. Wir kamen an Assi­si vor­bei, Spi­ri­tua­li­tät war Teil des Weges. Den hei­li­gen Fran­zis­kus fand ich authen­tisch. Das war kein Beru­fungs­er­leb­nis, aber es ist hän­gen­ge­blie­ben. Jeden Abend haben wir uns kurz in eine Kir­che gesetzt und dan­ke gesagt. Dan­ke für die Men­schen, die uns so freund­lich auf­ge­nom­men haben. Der Weg war das Ziel. 

Nach der Rei­se ging es nach der Arbeit in der Flücht­lings­hil­fe wie­der in den alten Job.
Ja. Und ich war dort eigent­lich auch glück­lich. Nur ganz zufrie­den war ich nie. Mir ging es gut im Baye­ri­schen Wald, und ohne die­se Aus­gangs­po­si­ti­on wäre ich auch heu­te nicht hier im Klos­ter. So wur­de mir klar, dass etwas fehl­te – obwohl ich alles hat­te. Aber es fehl­te etwas, ich kann es heu­te immer noch nicht rich­tig beschreiben.

Eine Sehn­sucht?
Ich kann und möch­te das gar nicht beschrei­ben, denn jeder Mensch muss sel­ber sei­nen Erfah­run­gen Raum geben und die­se Erfah­run­gen leben. Ich kann nur sagen: Etwas hat in mei­nem Her­zen Raum gefun­den. Und das treibt mich heu­te an.

Wo begeg­net Ihnen Gott?
Mein Glau­be ist eine Per­spek­ti­ve auf das Leben. In die­sem Glau­ben fin­de ich Gott. Nicht im Wald, in der Stil­le oder im Gebet. Ich fin­de Gott in dem, was mir als Leben ent­ge­gen­kommt. Für mich tra­gen auch die klas­si­schen Sys­te­me geist­li­chen Lebens, in wel­chen alles gut struk­tu­riert ist, nicht. Vie­le die­ser Sys­te­me sind brü­chig und es gibt kein Modell, dass das für jeden fest­le­gen kann.

Ist der Orden so ein System?
Nein, ich füh­le mich hier in nichts hin­ein­ge­presst. Ich emp­fin­de das in Bezug auf die Gesamt­kir­che aber schon schwie­rig. Vie­le Struk­tu­ren, Nar­ra­ti­ve, die tra­gen für den moder­nen Men­schen nicht mehr. Wenn man die­se dann als Ide­al hoch­hält, dann presst es schon, denn es steht ja der Wirk­lich­keit und dem Leben oft entgegen.

Sie stu­die­ren Theo­lo­gie. Hilft oder scha­det Wis­sen der Spiritualität?
Wenn man ein­fach nur einen Weg ohne Wis­sen geht, dann lan­det man schnell im Fun­da­men­ta­lis­mus. Es ist extrem wich­tig, Din­ge zu hin­ter­fra­gen, damit etwas tra­gen kann. Den­noch ist die Fra­ge nicht unbe­rech­tigt: Stu­di­um und Spi­ri­tua­li­tät in Ein­klang zu brin­gen, ist oft her­aus­for­dernd. Da gibt es Pha­sen: Mal ist es wich­tig, in die Wahr­neh­mung zu gehen, mal gibt es Pha­sen, in denen man Fra­gen hat, die man vom Kopf her beant­wor­ten muss.

Was ist der Treib­stoff für Ihre Gottesbeziehung?
Ich bin über­zeugt, dass das Leben Tie­fe hat. Die­ser Tie­fe will ich nach­ge­hen, das Leben erken­nen und gut leben. Ich habe es nicht so mit Bibel­zi­ta­ten, aber es gibt ein Wort, das mir wich­tig ist: „Wohin sol­len wir gehen? Du hast Wor­te ewi­gen Lebens“. So geht’s mir, in mei­nem Glau­ben fin­de ich die Tie­fe im Leben.

Vie­len Dank für das Gespräch!

Die Inter­view-Rei­he „Was treibt Dich an?“ erscheint in cap!, dem Maga­zin der Kapu­zi­ner. Das Gespräch mit Br. Moritz führ­te Tobi­as Rauser. 

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