
FOTO: KAPUZINER/RAUSER
BR. Christophorus Goedereis
ist Provinzial der Deutschen Kapuzinerprovinz und seit November 2020 auch für die niederländischen Brüder verantwortlich. Das Foto zeigt ihn am Kloster in Tilburg, in dem die meisten niederländischen Kapuziner leben.
„Wege des Neuaufbruchs“: Kapuziner in den Niederlanden
Seit November 2020 sind die niederländischen Kapuziner Teil der Deutschen Kapuzinerprovinz. Was das bedeutet und welche Ideen es für einen gemeinsamen Neuaufbruch gibt, sagt Provinzial Christophorus Goedereis im Interview.
Br. Christophorus, seit November 2020 sind die niederländischen Kapuziner Teil der Deutschen Kapuzinerprovinz. Was bedeutet das konkret?
Die Brüder haben damit einen Teil ihrer Eigenständigkeit verloren. Das ist ein schmerzhafter, aber unabwendbarer Prozess. Die Kapuzinerprovinz der Niederlande war bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts eine der stärksten Provinzen weltweit. Heute gibt es nur noch 39 Kapuziner im Lande, der jüngste ist 64 Jahre alt. Fast alle leben im Kapuzinerkloster Tilburg, viele davon auf der ordenseigenen Alten- und Pflegestation.
Sie sind seit diesem Zeitpunkt auch Provinzial der niederländischen Kapuziner.
In der Tat, das ist auch für mich eine bedeutende Veränderung und eine neue Aufgabe. Ich war schon oft vor Ort bei den Brüdern, aber aufgrund der Corona Lage immer nur für einen Tag im sogenannten kleinen Grenzverkehr. Mittlerweile habe ich auch Niederländisch gelernt und kann allem problemlos folgen und auch ganz verständlich mitreden, das hoffe ich zumindest (lacht).
Bei Ihrer Aufgabe in den Niederlanden geht es nicht nur um Abwicklung, sondern auch um einen Neuaufbruch.
So hat es uns der Generealminister ins Lastenheft geschrieben: Der deutsche Provinzial soll „in den lokalen Realitäten der Niederlande nach Wegen der Erneuerung und des Neuaufbruchs suchen“. Diesen Auftrag habe ich gerne angenommen und bin deswegen in diesem Sommer mehrere Wochen in den Niederlanden unterwegs, um die Situation von Kirche und Orden vor Ort besser kennenzulernen und eine Reihe von kirchlichen Initiativen und Neuaufbrüchen zu besuchen.
Wie könnte denn ein Neuaufbruch der Kapuziner in den Niederlanden aussehen?
Bislang gibt es kein Konzept, keinen Ort und auch noch keine konkreten Brüder für diesen Neuanfang, wohl aber einige Interessierte. Ich selbst begreife mich zurzeit noch als Scout, der erst einmal die Dinge kennenlernt und das Feld sondiert. Um dann zu schauen, wie die Suche nach dem Neuaufbruch in einem konkreten Projekt aussehen könnte.
Sie haben doch sicher schon eine Idee.
Im Orden gibt es die Initiative der sogenannten Europäischen Fraternitäten, auch bekannt unter dem Namen Projekt San Lorenzo. Eine solche internationale Fraternität könnte ich mir auch an einem prägnanten Ort in den Niederlanden ausmalen.
Was kann man sich konkret darunter vorstellen?
Das Motto des Projekts San Lorenzo lautet: „Entzünden wir von Neuem die Flamme unseres Charismas!“ Bei diesen europäischen Fraternitäten soll es nicht in erster Linie um die Übernahme von Pfarreien oder Institutionen gehen, sondern in erster Linie darum, die franziskanische Spiritualität zu leben und weiterzugehen. Dabei spielt das brüderliche Leben, das missionarische Zeugnis, ein franziskanisch-einfacher Lebensstil, die Nähe zu den Armen, die Offenheit für Gäste zum Mitleben und neue Formen von Seelsorge und Apostolat eine besondere Rolle. Die europäischen Fraternitäten wollen auch offen für junge Menschen sein und mit der Schöpfung achtsam und nachhaltig umgehen.
In einem internationalen Team.
Genau. Diese Gemeinschaften sollten aus mindestens fünf bis sieben Brüdern verschiedener Nationalität bestehen. Die Interkulturalität selbst soll dabei als Zeugnis gelebt und gestaltet werden. Aber wir müssen erst einmal schauen, wie sich die Suche nach einem Neuaufbruch in den Niederlanden gestaltet und in welche Richtung sich dann was entwickeln kann.
Hätten Sie persönlich Lust, vor Ort einen solchen Neuaufbruch mitzugestalten?
Je nachdem, in welche Richtung es geht, ja natürlich! Zurzeit bin ich aber als Provinzial noch gut ausgelastet (lacht). Die Konkretisierung eines solchen Projekts wird sicherlich auch noch einiges an Zeit in Anspruch nehmen. Aber wer weiß, wohin die Wege des Herrn führen.
Interview: Tobias Rauser