GRAFIK: Christine Plößer
Kapuziner-FAQ: Was ist das „Stundengebet“?
In unseren „Kapuziner-FAQ“ beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um die Ordenswelt. Heute: Was ist eigentlich das Stundengebet? Wieviele Gebetszeiten gibt es? Ist das nur etwas für Ordensleute und Priester?
Was ist das Stundengebet?
Das Stundengebet geht auf die frühchristlichen Gemeinden zurück, möglicherweise schon auf die Gebetspraxis in der Zeit von Jesus. Zum Stundengebet versammeln sich mehrmals am Tag Christinnen und Christen, um immer wieder Gott in den Blick zu nehmen und sich auf Gott auszurichten. Ursprünglich war das ein Gebet für alle Christen und wurde dann im Laufe der Jahrhunderte immer mehr zum Gebet von Priestern und Ordensleuten.
Was ist das Stundenbuch?
Das Stundenbuch ist unser Gebetsbuch. Früher wurde es auch Brevier genannt. In ihm sind alle Texte für das tägliche Gebet abgedruckt. Das Stundenbuch ist in drei Gebetsbücher aufgeteilt: für die normalen Zeiten im Kirchenjahr, die Advents- und Weihnachtszeit, sowie die vorösterliche Fasten- und die anschließende Osterzeit. Für Reisen und andere Gelegenheiten gibt es zudem die kostenlose Stundenbuch-App.
Was sind das für Texte im Stundenbuch?
Die Gebetstexte im Stundenbuch sind eine Mischung aus Hymnen, Psalmen, biblischen Texten, Fürbitten und anderen Gebeten.
Wie ist eine GEbetszeit gegliedert?
Die Gebetszeiten fangen immer mit einem Hymnus an. Anschließend werden zwei Psalmen und das „Canticum“ gebetet. Beim Canticum handelt es sich um ein Lied aus dem Neuen oder Alten Testament. Darauf folgt eine kurze Schriftlesung mit Antwortgebet, und beim Morgen‑, Abend- und Nachtgebet jeweils einer der drei Losgesänge aus dem Lukasevangelium. Morgens und abends gibt es zudem Fürbitten: morgens Bitten für den jeweiligen Tag und abends Fürbitten für Menschen in Not, Gesellschaft und Kirche. Abgeschlossen werden die Gebetszeiten mit einen Abschlussgebet und einem Segen.
Wieviele Gebetszeiten gibt es und wie heißen diese?
Es gibt sieben Gebetszeiten. Ganz so wie es im Psalm 119 heißt: „Siebenmal am Tag singe ich dein Lob und nachts stehe ich auf, um dich zu preisen.“ Früher wurde auch in der Nacht gebetet, das ist heute unüblich geworden. Die sieben Gebetszeiten sind: Morgengebet (Laudes), die Gebete am Vormittag (Terz), Mittag (Sext) und Nachmittag (Non), von denen zumeist nur eine Gebetszeit begangen wird, das Abendgebet (Vesper) und das Nachtgebet direkt vor dem Schlafengehen (Komplet). Hinzukommt die sogenannte Lesehore die nicht an eine Tageszeit gebunden ist und bei der das Lesen und Meditieren eines biblischen und eines theologischen Textes im Mittelpunkt steht.
Welche Gebetszeiten werden heute bei den Kapuzinern praktiziert?
Wir Kapuziner beten zumeist das Morgengebet (Laudes), das Mittagsgebet (Sext) und das Abendgebet (Vesper) zusammen. Hinzu kommt, dass wir angehalten sind, auch die Lesehore sowie das Nachtgebet (Komplet) im Privaten zu beten.
Sind manche Gebetszeiten wichtiger als andere?
Eine Gebetszeit ist eine Zeit mit und für Gott. Deswegen gibt es auch keine gute oder schlechte, wichtige oder unwichtige Gebetszeit. Denn diese Zeit gehört Gott, und Gott macht in dieser Zeit das mit uns, was gut für uns ist. Auch wenn es sich manchmal erfüllend anfühlt und es ein anderes Mal eher trocken und anstrengend ist. Gleichwohl wird zumeist besonderes Gewicht auf das Morgen- und das Abendgebet gelegt, so dass der Tag von diesen beiden Gebetszeiten eingerahmt wird.
Wie lang dauert eine solche Gebetszeit?
Die Dauer ist unterschiedlich, da die Gebetszeiten nicht alle gleich umfangreich sind und es verschiedene Arten gibt, sie zu beten. Ein Beispiel: Es dauert länger, wenn die Gebetszeiten gesungen werden – und nicht gesprochen. Grob kann man sagen, dass sie zwischen 10 und 30 Minuten dauern.
Sind die Gebete in allen Klöstern gleich?
Zu den Gebetszeiten gibt es verschiedene Traditionen und im Laufe der Geschichte auch unterschiedliche Reformen, die nicht immer alle Orden übernommen haben. Ein großer Teil der Orden benutzt das Stundenbuch, wie es von Rom aus erstellt ist und im Auftrag der Bischofskonferenzen übersetzt wurde. So wird das Stundengebet von unzähligen Menschen auf der ganzen Welt in gleicher Form gebetet. Es ist eine große Gebetsgemeinschaft, der man sich, auch wenn man es allein betet, anschließt. Diese einheitliche Vorgehensweise spiegelt auch gut wider, dass die Katholische Kirche eine weltumfassende und betende Gemeinschaft ist.
Warum ist das Stundengebet für Ordensleute so wichtig?
Durch das Stundengebet halten wir Ordensleute immer wieder am Tag inne, kommen zur Ruhe und machen uns bewusst, dass wir Gott gegenüberstehen. Es strukturiert unseren Tag und hilft uns, bei allem Anderen, was am Tag noch sein mag, immer wieder ins Gebet zu kommen.
Ist das Stundengebet nur etwas für Ordensleute und Priester?
Ein regelmäßiges Gebet hilft immer, verstärkt mit Gott in Kontakt zu kommen. Im Alltag ist es dafür oft hilfreich, wenn schon Gebete vorhanden sind und man nicht alles selber neu erfinden muss. Das Stundengebet ist nicht als Gebet von Priestern und Ordensleuten gedacht, sondern als Gebet aller Christinnen und Christen. Gerade das Morgen- und Abendgebet bieten die Möglichkeit, den Tag bewusster mit Gott zu leben. Neben dem Stundenbuch, das als Gebetsbuch manchmal etwas kompliziert ist, gibt es die kostenlose Stundenbuch-App. Eine weitere Möglichkeit ist zum Beispiel das „Te Deum“, ein kleines, monatsweise erscheinendes Gebetsbuch.
Die Fragen beantwortete Br. Alexander Schröter
Bisher sind unsere Kapuziner-FAQ zu den Themen „Juniorat“, „Noviziat“, „Profess und Gelübde“, „Stundengebet“ und „Kapitel“ erschienen.