

GRAFIK: Christine Plößer
Kapuziner-FAQ: Was ist ein „Kapitel“ und wie laufen Versammlung und Wahlen ab?
In unseren „Kapuziner-FAQ“ beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um die Ordenswelt. Heute: Was ist eigentlich ein Kapitel? Wer wählt, wie läuft das ab? Und gibt es besondere Rituale auf einem Kapitel?
Was ist ein „Kapitel“?
Ein Kapitel ist die Versammlung der entscheidungsberechtigten Mitglieder eines Ordens bzw. einer Ordenseinheit. Es trifft sich in festgelegten Abständen. Ein Provinzkapitel tagt in der Regel alle drei Jahre. Dabei wird die Leitung gewählt und es werden grundsätzliche Entscheidungen für die kommenden Jahre getroffen. Der Name kommt vom lateinischen Wort capitulum, das bedeutet „Köpfchen“ oder „kleines Haupt“. Es meint also, dass hier das höchste Entscheidungsgremium versammelt ist. Eine andere Erklärung besagt, dass bei diesen Versammlungen jeweils zu Beginn Kapitel aus der Regel vorgelesen wurden und der Name daher stammt.
Welche verschiedenen Kapitel gibt es bei den Kapuzinern?
Der Orden ist aufgeteilt in verschiedene Verwaltungseinheiten: Der Gesamtorden hält alle sechs Jahre ein sogenanntes Generalkapitel. Auf der Provinzebene (wie bei uns in der Deutschen Kapuzinerprovinz) und in den sogenannten Kustodien finden alle drei Jahre Wahlkapitel statt. In den Klöstern treffen sich die Brüder viel regelmäßiger, um anstehende Entscheidungen zu besprechen. Darüber hinaus gibt es Sachkapitel. Dabei wird nicht gewählt, sondern es werden, wie der Name sagt, Sachthemen behandelt. Eine Spezialität der franziskanischen Orden ist das sogenannte Mattenkapitel. Es ist eine brüderlich-spirituelle Zusammenkunft. Schon der heilige Franziskus veranstaltete solche Versammlungen. Weil die Brüder so zahlreich waren, schliefen sie auf Strohmatten, daher der Name.
Wie lange dauert ein Kapitel?
Die Länge eines Kapitels richtet sich nach den zu behandelnden Themen. Generalkapitel dauern mehrere Wochen, ein Provinzkapitel zwischen drei und fünf Tagen. Die Hauskapitel in einem Kloster sind in der Regel in ein bis zwei Stunden erledigt.
Wer darf bei einem Kapitel teilnehmen?
Stimm- und wahlberechtigt sind die Brüder mit ewigen Gelübden, also die, die sich für immer an die Gemeinschaft gebunden haben. Eine Provinz kann entscheiden, ob alle teilnehmen sollen oder ob man Delegierte wählt. Diese Entscheidung hängt oft von der Größe ab. Bei uns in Deutschland gibt es keine Delegierten. Als Gäste können auch die Brüder teilnehmen, die noch in der Ordensausbildung stehen. Das Kapitel selbst entscheidet über die Zulassung von Gästen.
Wer leitet und organisiert dieses Treffen?
Ein Provinzkapitel wird beim Generalminister in Rom beantragt und von diesem dann einberufen. Die zuständigen Oberen sind dann verantwortlich für die Organisation der Kapitel. Oft gibt es eigene Kommissionen, die die Ordensversammlung inhaltlich vorbereiten. Die einzelnen Brüder können Anträge stellen, die beim Kapitel zu behandeln sind.
Alle drei Jahre wird bei den Kapuzinern ein Provinzial gewählt: Welche Rechte hat dieser?
Der Provinzial ist der oberste Leiter der Provinz. Er ist der Vertreter nach außen. Zu seinen Rechten gehört die Ernennung der Hausoberen, die Zulassung von jungen Männern zum Orden und die endgültige Aufnahme junger Brüder in den Orden. Der Provinzial ist gegenüber den Brüdern weisungsbefugt und entscheidet über Versetzungen und die Vergabe von Aufgaben. Wichtig ist aber, dass die Arbeit des Provinzials keine „One-Man-Show“ ist. Im Gegenteil: Der Provinzial spricht sich aktiv mit seinem Provinzrat und mit den jeweils betroffenen Brüdern ab und informiert die ganze Provinz über alle wesentlichen Dinge.
Wie wird gewählt?
Die Wahlen folgen einem festgelegten Ritual und beginnen mit einem Gebet zum heiligen Geist. Die stimmberechtigten Brüder wählen zunächst den Provinzialminister. Für die Wahl ist die absolute Mehrheit der Stimmen nötig. Ist nach drei Wahlgängen keine Entscheidung gefallen, findet eine Stichwahl zwischen den beiden Brüdern mit den meisten Stimmen statt. Hier genügt die einfache Mehrheit. Dann werden in ähnlicher Weise die Räte gewählt. Stehen alle vier Räte fest, wird aus diesen der Provinzvikar gewählt, das ist der Stellvertreter des Provinzials. Der Provinzial muss mindestens drei Jahre ewige Profess haben.
Stellt sich jeder mit einem Programm vor, gibt es einen Wahlkampf?
Wahlen sind bei den Kapuzinern kein Wettbewerb. Es gibt weder Kandidaten und Wahlkämpfe. Stattdessen schreibt jeder Bruder den Bruder auf dem Stimmzettel, den er für den geeignetsten Kandidaten hält. Wenn ein Bruder mehr als die Hälfte der Stimmen bekommt, dann ist er gewählt. Ansonsten gibt es weitere Wahlgänge. Im letzten Wahlgang reicht dann eine einfache Mehrheit der Stimmen, um einen Mitbruder zu wählen. Neben diesem Wahlverfahren, das Kandidaturen erschwert, passen Wahlkämpfe auch nicht zu uns. Als Kapuziner verstehen wir uns als „Minderbrüder“. Unsere Ämter und Aufgaben sehen wir als ein Dienst an Anderen und nicht als Möglichkeit Macht auszuüben.
Wird der Provinzial vereidigt? Und kann Rom den gewählten Provinzial ablehnen?
Der gewählte Provinzial und sein Stellvertreter brauchen die Zustimmung des Generaloberen des Ordens. Entsprechend kann dieser auch einen gewählten Kandidaten ablehnen. Ist die Zustimmung erfolgt, verkündet der Kapitelssekretär im Abendgebet das offizielle Wahlergebnis. Der Provinzial und sein Stellvertreter müssen anschließend vor den versammelten Brüdern ihren Glauben bekennen. In unserer Provinz schließen sich auch die Räte diesem Glaubensbekenntnis an. Danach erfolgt die Übergabe des Amtssiegels.
Wieso darf ein Provinzial nur zweimal antreten?
Als Kapuziner verstehen wir uns als Gemeinschaft von Brüdern. Alle sollen gleich sein. Die Leitungsämter sind keine „Chef-Posten“ bei denen einer „das Sagen“ hat, sondern sollen ein Dienst an den Brüdern sein. Dass die Amtszeit des Provinzials begrenzt ist, hat den Vorteil, dass sich niemand daran gewöhnt zu führen. Jeder tritt nach einer Zeit der Leitung wieder ins Glied zurück. Macht ist also begrenzt und wird durch das Kapitel kontrolliert. In Ausnahmefällen kann ein Provinzial auch ein drittes Mal gewählt werden. Das geht aber nur, wenn er im ersten Wahlgang eine Zweidrittelmehrheit erhält. Die Hürde liegt also sehr hoch.
Was macht der Provinzrat?
Der Provinzrat berät den Provinzial und unterstützt ihn in seiner Arbeit. Bei vielen Themen ist es gut, wenn Entscheidungen nicht einsam getroffen werden, sondern es eine gemeinsame Diskussion und Entscheidungsfindung gibt. Daher gibt es auch verschiedene Entscheidungen, bei denen der Provinzial die Meinung bzw. die Zustimmung seines Provinzialrates einholen muss. Das sind etwa die Benennung von wichtigen Ämtern wie das des Provinzsekretärs oder die Zulassung von jungen Brüdern zum endgültigen Ordenseintritt.
Was macht der Provinzvikar?
Der Provinzvikar ist der Stellvertreter des Provinzials. Er vertritt dem Provinzial bei Abwesenheit und Verhinderung und kann in diesem Fall die Amtsgeschäfte von ihm übernehmen. Des Weiteren unterstützt der Provinzvikar den Provinzial im Alltagsgeschäft.
Wie werden Provinzrat und Provinzvikar gewählt?
Bei den Kapuzinern gibt es keine Kandidaten. Stattdessen schreibt jeder Stimmberechtigte den Namen eines Bruders auf, den er für geeignet hält. Der Provinzrat setzt sich aus vier sogenannten Räten zusammen, die in einzelnen Wahlgängen nacheinander gewählt werden. Pro Rat und auch später beim Provinzvikar gibt es bis zu drei Wahlgänge. In den ersten beiden Wahlgängen benötigt der gewählte Bruder eine absolute Mehrheit, im letzten Wahlgang kommt es zur Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen. Jetzt reicht eine einfache Mehrheit.
Gibt es besondere Rituale auf einem Kapitel?
Das Kapitel beginnt mit einem Gottesdienst. Dabei werden die stimmberechtigten Teilnehmer einzeln aufgerufen. Diese Art des Beginns zeigt, dass ein Kapitel kein Parteitag ist, sondern eine Feier unseres Glaubens. Vor der Wahl wird besonders gebetet und der Heilig-Geist-Hymnus gesungen.
Was passiert, wenn der Provinzial zurücktritt oder sein Amt nicht mehr ausüben kann?
Ist das Amt des Provinzials mehr als achtzehn Monate vor dem nächsten Provinzkapitel nicht mehr besetzt, so holt der Generalminister, also der Leiter des Gesamtordens, ein Votum von jedem beim Provinzkapitel stimmberechtigten Bruder ein und ernennt anschließend einen neuen Provinzial. Der neue Provinzial ist dann bis zu dem nächsten regulär stattfinden Provinzkapitel im Amt. Bei kürzeren Vakanzen übernimmt der Provinzvikar die Aufgaben des Provinzials.
Kann ein Provinzial auch in seiner Amtszeit von den Brüdern abgesetzt werden?
Der Generalsminister kann als Leiter des Gesamtordens einen Provinzial aus schwerwiegenden Gründen absetzen. Dies können Pflichtverletzungen oder eine schlecht geführte Verwaltung sein, wenn trotz Ermahnung keine Besserung eintritt. Für eine solche Absetzung benötigt der Generalminister die Zustimmung seines Rates, also des Leitungsgremiums des Gesamtordens.
Es gibt ja auch Guardiane, die Hausoberen, die einen Konvent leiten. Wie werden diese bestimmt?
Die Hausoberen werden vom Provinzial für drei Jahre ernannt. Dabei bespricht sich der Provinzial im Vorfeld mit dem betreffenden Bruder und berät sich mit der der Provinzleitung.
Was ist, wenn Corona einen Strich durch die Rechnung macht: Geht das alles auch digital?
Unser letztes Kapitel fand wegen Corona nur digital statt. Dort haben wir aber nur über Sachthemen diskutiert. Bei Wahlen und Entscheidungen hingegen müssen alle anwesend sein. Eine Briefwahl wie zum Beispiel bei der Bundestagswahl gibt es nicht. Kann ein Kapitel nicht stattfinden, dann muss es baldmöglichst nachgeholt werden. Während der Corona-Pandemie waren Versammlungen lange Zeit unmöglich. In diesen Fällen hat der Generalminister in Rom dann – nach einer Befragung der Brüder – eine neue Leitung ernannt.
Inhalte: Br. Helmut Rakowski und Br. Alexander Schröter
Bisher sind unsere Kapuziner-FAQ zu den Themen „Juniorat“, „Noviziat“, „Profess und Gelübde“, „Stundengebet“ und „Kapitel“ erschienen.