

GRAFIK: Christine Plößer
Kapuziner-FAQ: Was bedeuten Profess und Gelübde?
In unseren „Kapuziner-FAQ“ beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um die Ordenswelt. Heute: Was ist die einfache, was die ewige Profess? Und was bedeuten die Gelübde, die die Kapuziner ablegen?
Was bedeutet Profess?
Die Profess ist das Gelübde, also ein feierliches Versprechen, sich als Kapuziner an die Ordensregel zu halten, ohne Eigentum, in Keuschheit und Gehorsam zu leben. Das in der Profess abgelegte Versprechen ist gleichzeitig der vollwertige Eintritt in den Orden.
Was ist die EINFACHE PROFESS?
Nach dem Noviziat, der Grundausbildung, legt man in den ersten Jahren eine einfache oder erste Profess ab. Die Zeit danach heißt Juniorat. Dies bedeutet, dass man sich immer nur für einen gewissen Zeitraum, z.B. für ein Jahr, an den Orden bindet. Es ist eine Zeit der Probe, in welcher der jeweilige Bruder und auch die Ordensgemeinschaften immer wieder miteinander prüfen können, ob das Ordensleben wirklich der richtige Weg für die jeweilige Person ist. Das Juniorat mit einfacher Profess muss mindestens 3 und darf maximal 9 Jahre umfassen. Wie lange dieser Zeitraum im Einzelnen ist und wie häufig die zeitliche Profess verlängert wird, entscheiden Orden und der jeweilige Bruder gemeinsam.
WIE WIRD DIE PROFESS ABGELEGT?
Das erste Mal wird die einfache Profess innerhalb einer feierlichen Messe abgelegt. Dies kennzeichnet zugleich den Übergang vom Noviziat als Grundausbildung in die nächste Ausbildungsstufe, das Juniorat. Die Verlängerungen der einfachen Profess finden in weniger festlichen Rahmen im Abendgebet (Vesper) statt. Die feierliche Profess findet wieder in einer feierlichen Messe statt und wird häufig mit einem anschließenden Fest mit Brüdern, Familie und Freunden verbunden.
Ist der Habit („Kutte“) an die Profess gekoppelt?
Den Habit erhält der jeweilige Bruder zum Beginn des Noviziats. Da das Noviziat noch eine besondere Zeit des Erprobens und der Ausbildung ist, legt der Bruder zum Noviziatsbeginn noch keine Profess ab. Somit ist die Profess bei den Kapuzinern nicht mit dem Habit verknüpft.
Was sind die „evangelischen Räte“?
Die „evangelischen Räte“ sind Ratschläge, die Jesus im Evangelium gegeben hat. Sie beziehen sich auf ein Leben in Armut, Gehorsam und Keuschheit. Es geht quasi um ein Paradoxon. Da, wo ich immer mehr von mir lasse, werde ich immer offener für Gott und kann so durch Gott immer mehr zu mir selbst finden. Die evangelischen Räte sind somit Mittel, um sich Gott zu öffnen und so ein Leben mit immer mehr Freude, Freiheit und Lebendigkeit zu leben.
Was bedeutet „Armut“?
Wir Kapuziner leben, genau genommen, nicht arm, sondern besitzlos. Als einzelne Brüder versprechen wir, kein Eigentum zu haben, aber unser Orden besitzt einzelne notwendige Dinge, wie etwa Gegenstände des alltäglichen Lebens. Bei der Besitzlosigkeit geht es darum, loszulassen. Wenn ich nichts Eigenes habe, muss ich auch nichts behüten, vermehren, beschützen, sondern ich bin frei. Frei für die Begegnung mit Gott und mit anderen Menschen.
(Ein ausführliches Interview zum Thema „Armut“ können Sie auch hier nachlesen.)
Was bedeutet „Gehorsam“?
Wenn ich mich Gott und auch meinen Nächsten zuwenden möchte, wenn ich wirklich offen sein will, dann darf es nicht immer um mich gehen. Das Gehorsamsgelübde hilft, genau dies einzuüben. Sich loszulassen, die eigenen Vorstellungen, um das, was sein müsste, die eigenen Urteile und Vorurteile. Es geht darum, sich für den Willen Gottes zu öffnen, für die Bedürfnisse der Gemeinschaft, für die Mitbrüder und alle Menschen.
Was bedeutet „Keuschheit“?
Wie beim Gehorsam und der Besitzlosigkeit soll Keuschheit eine Hilfestellung sein. Statt die starke Bezogenheit auf eine andere Person, wie etwa in einer Partnerschaft, kann die Keuschheit in eine größere Weite führen. Statt des Partners, der Partnerin oder Kindern soll allein Gott im Mittelpunkt stehen. Aus der Beziehung zu Gott ist eine intensive und von Liebe geprägte Beziehung zu anderen Menschen möglich. Es geht also weniger um den Verzicht als um die Freiheit, die eine größere Offenheit ermöglicht.
Gibt es in anderen Orden andere Gelübde?
Ja, in einigen Gemeinschaften werden andere bzw. weitere Gelübde abgelegt. Die Benediktiner etwa versprechen Beständigkeit („stabilitas loci“ – lateinisch für „Beständigkeit des Ortes“, also dass sie ihr Leben an einem Ort verbringen), klösterlichen Lebenswandel (worunter auch Keuschheit und Besitzlosigkeit fällt) und Gehorsam. Der Jesuiten-Orden hat den direkten Gehorsam gegenüber dem Papst als viertes Gelübde.
Wer kontrolliert, ob die Gelübde eingehalten werden?
Die Gelübde sind kein Regelwerk, das uns Ordensleuten „aufgedrückt“ wird, damit wir ein besonders oder gottgefälliges Leben führen. Bei den Gelübden geht es um Freiheit. Sie sollen ermöglichen, freier zu leben. Sie sollen uns Brüdern helfen, sich selber loszulassen, offener zu werden für Gott und den Mitmenschen, um so eine neue, größere und tiefere Lebensqualität zu erlangen. Denn Gott möchte insbesondere eines von uns: dass wir glücklich sind. Deswegen bedarf es keiner „Gelübde-Polizei“ oder Ähnlichem. Wenn ich die Gelübde breche, betrüge ich mich in erster Linie selber.
Es hilft zudem, die Gelübde nicht zu sehr als etwas Statisches zu sehen. Sondern sie begleiten einen Wachstumsprozess zu bzw. in Christus. Immer wieder kann es vorkommen, dass man, gerade in Gedanken, die Gelübde bricht. Das alles ist erst einmal ganz normal. Gott hat uns nicht perfekt erschaffen, so dass wir alles aus uns selbst heraus könnten. Aber immer wieder, wenn so etwas geschieht, bedarf es der Korrektur, des Umkehrens zu Gott.
Was passiert, wenn die Gelübde Ignoriert werden?
Wenn es zu einem gravierenden Verstoß gegen die Gelübde gekommen ist, bedarf es der Abwägung und des Gesprächs. Warum ist dies passiert? Was bedeutet das für mich? Ist das Ordensleben wirklich die passende Lebensform für mich? All dies sind Fragen, die es zu beantworten gilt. Scheitern ist auch ein Teil unserer Lebensrealität, mit der man umgehen muss. Hier bedarf es einer großen Ehrlichkeit, auch gegenüber sich selbst. Am Ende eines solchen Klärungsweges mit sich, und je nach Fall auch mit der Gemeinschaft, kann das Ergebnis auch ein Austritt aus der Gemeinschaft sein, oder, in schweren Fällen, der Ausschluss des Bruders von Seiten des Ordens.
Kann man die ewigen Gelübde aufheben?
Ja, die ewigen Gelübde können aufgehoben werden. In wenigen Fällen kann es sogar zu einem Ausschluss der Gemeinschaft kommen, zum Beispiel wenn ein Bruder aus der Kirche austreten würde. Der häufigere Fall ist, dass ein Ordensmann oder eine Ordensfrau aus ihrem Orden austreten möchte. Wenn diese Person schon die ewigen Gelübde abgelegt hat, bedarf es hierfür eines Dispens aus Rom. Natürlich wird niemand festgehalten, und man kann auch vor der Erteilung des Dispens die Gemeinschaft verlassen, manche Dinge aber, wie beispielsweise eine kirchliche Hochzeit, sind erst mit der Dispens möglich.
Die Fragen beantwortete Br. Alexander Schröter
Bisher sind unsere Kapuziner-FAQ zu den Themen „Juniorat“, „Noviziat“, „Profess und Gelübde“, „Stundengebet“ und „Kapitel“ erschienen.