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GRA­FIK: Chris­ti­ne Plößer

8. April 2024

Kapuziner-FAQ: Was bedeutet „vita mixta“?

In unse­ren „Kapu­zi­ner-FAQ“ beant­wor­ten wir die wich­tigs­ten Fra­gen rund um die Ordens­welt. Heu­te geht es um die „vita mix­ta“: Was bedeu­tet die­ser Grund­satz und woher kommt er?

Ein wichtiger Grundsatz des Kapuzinerseins ist die „Vita Mixta“. Was bedeutet das? 

Lan­ge gab es in der Kir­che zwei Lebens­ent­wür­fe. Ein kon­tem­pla­ti­ves Leben, das auf Gebet und Got­tes­schau aus­ge­legt war (vita con­tem­pla­ti­va) und vor allem in den Klös­tern gelebt wur­de. Und dann ein Leben, dass das Täti­ge (vita acti­va) in den Mit­tel­punkt stell­te. Die „vita mix­ta“, über­setzt das „gemisch­te Leben“, ist die Idee, die­se bei­den Lebens­ent­wür­fe mit­ein­an­der in Ein­klang zu brin­gen und aus bei­den die Vor­tei­le mitzunehmen.

Woher kommt dieser Grundsatz?

Das theo­lo­gi­sche Kon­zept der vita mix­ta stammt schon aus dem spät­mit­tel­al­ter­li­chen Dis­kurs. Beim hei­li­gen Fran­zis­kus, der die­ses Ide­al mit Leben gefüllt hat, sehen wir das „gemisch­te Leben“ aber schon frü­her. So zog sich Fran­zis­kus immer wie­der in die Stil­le und das Gebet zurück, um dann aus die­sen Zei­ten der tief­ge­hen­den Got­tes­be­geg­nung aktiv zu den Men­schen zu gehen, ihnen zu pre­di­gen, mit ihnen zu leben und den Men­schen ein Vor­bild zu geben.

Ist die „Vita Mixta“ ein Alleinstellungsmerkmal der franziskanischen Gemeinschaften?

Bei den fran­zis­ka­ni­schen Gemein­schaf­ten gehört die „vita mix­ta“ zur DNA. Fran­zis­kus von Assi­si hat die­se Lebens­wei­se vor­ge­lebt, die ers­ten Brü­der haben sie über­nom­men. Gleich­zei­tig leben aber auch vie­le ande­re Gemein­schaf­ten ein Lebens­mo­dell, wo es um eine Mischung aus Hin­ga­be für die Men­schen auf der einen und  Gebet auf der ande­ren Sei­te geht.

Was bedeutet „Stille und Kontemplation“ bei den Kapuzinern?

Die ent­schei­den­de Fra­ge ist, was einen im Leben trägt. Uns Kapu­zi­nern ist unse­re Arbeit wich­tig, aber das, was uns wirk­lich trägt, ist das Gemein­schafts­le­ben mit unse­ren Mit­brü­dern und ins­be­son­de­re die Begeg­nung mit Gott. Dafür bedarf es immer wie­der der Stil­le und des Gebets, um sich wie­der neu auf Gott aus­zu­rich­ten. Es geht dar­um, Gott Platz im eige­nen Raum zu geben und sich von IHM durch­wir­ken zu las­sen. So wie wir Essen, Trin­ken und Schlaf benö­ti­gen, um am Leben zu blei­ben, benö­ti­gen wir Gott, um unser Leben als Kapu­zi­ner wirk­lich leben zu kön­nen. Stil­le und Kon­tem­pla­ti­on sind des­we­gen für uns kein Hob­by, son­dern etwas Lebens­not­wen­di­ges, ohne das wir nicht wir sel­ber sein können.

Was bedeutet „Dienst am Mitmenschen“?

Bei der Stil­le und Kon­tem­pla­ti­on geht es gar nicht so sehr um das eige­ne Tun, son­dern dar­um, ein­fach bewusst vor Gott zu sein und IHN machen zu las­sen. Um solch ein Dasein geht es für uns Kapu­zi­ner auch bei unse­ren Mit­men­schen. Sicher machen wir auch Din­ge, bau­en Pro­jek­te auf, gestal­ten aktiv und brin­gen vor­an, aber min­des­tens genau­so wich­tig ist es, ein­fach da zu sein für ande­re Men­schen. Zuzu­hö­ren, zu beglei­ten und ansprech­bar zu sein. Dabei steht gar nicht so sehr das Ergeb­nis im Vor­der­grund, dass neue Din­ge ent­ste­hen und Wich­ti­ges vor­an­ge­bracht wird, son­dern der ein­zel­ne Mensch in allem Unspek­ta­ku­lä­ren und Alltäglichen.

Sind beide Dinge ein Widerspruch?

Grund­sätz­lich ste­hen die­se bei­den Din­ge nicht im Wider­spruch, son­dern ergän­zen sich. Da, wo ich im Gebet bin und die Got­tes­be­geg­nung lebe, kann ich dies im akti­ven Tun kon­kre­ti­sie­ren. Gera­de die Begeg­nung mit Gott drängt immer wie­der auch in die kon­kre­te Umset­zung, in das Dasein für Ande­re. Und auch der Dienst am Men­schen kann das Gebet berei­chern und ver­tie­fen. Gott ist die Lie­be. Und die Lie­be ist nichts Theo­re­ti­sches, son­dern will gelebt wer­den. In Bezug auf ande­re Men­schen, also durch unser Tun, in Bezug auf uns sel­ber und in Bezug auf Gott, indem wir etwa in Gebet und Kon­tem­pla­ti­on sei­ne Gegen­wart suchen.

Aber es kann natür­lich auch zu einem Wider­spruch zwi­schen die­sen bei­den Polen kom­men. Zum Bei­spiel, indem das Arbeits­le­ben einen immer grö­ße­ren Raum ein­nimmt und das Gebet zu kurz kommt, oder indem die eige­nen Auf­ga­ben und ande­re Men­schen aus dem Blick gera­ten durch eine Über­be­to­nung von Gebet und Stil­le. Wenn man zum Bei­spiel immer dann sich in die Stil­le beru­fen fühlt, wenn es dar­um geht, die Toi­let­ten zu put­zen, oder man sich so sehr auf sei­ne Gebets­zei­ten fokus­siert, dass man die Nöte der Men­schen um einen her­um nicht mehr wahr­nimmt, dann ist etwas in Schief­la­ge geraten.

Wie bekommt man beides unter einen Hut, oder besser: unter eine Kapuze?

Dafür gibt es kein Patent­re­zept. Zumal die Art und Wei­se der Got­tes­be­zie­hung, des Gebets­le­bens, der Auf­ga­ben, der Lebens­si­tua­ti­on und eige­nen Bedürf­nis­se sich von Bru­der zu Bru­der unter­schei­den. Wich­tig ist es, auf­merk­sam für sich und das eige­ne Gebets­le­ben zu blei­ben, Ver­än­de­run­gen wahr­zu­neh­men und zu unter­schei­den, was einem gut tut, was dem Gebet för­der­lich ist und was nicht. Ein wich­ti­ges Hilfs­mit­tel ist für uns das Stun­den­ge­bet und die täg­li­che Mes­se. Auch soll jeder Kapu­zi­ner täg­lich zumin­dest eine Stun­de im stil­len Gebet ver­brin­gen und jähr­lich an Exer­zi­ti­en, also einer inten­si­ve Zeit des Gebe­tes und der Got­tes­be­geg­nung, teil­neh­men. Eine wei­te­re Hil­fe kann die geist­li­che Beglei­tung sein, bei der man mit einem fes­ten geist­li­chen Beglei­ter oder einer Beglei­te­rin regel­mä­ßig über die eige­nen Got­tes­be­zie­hung spricht.

Leben die Brüder dieses „Vita Mixta“ unterschiedlich?

Ja. Zum Bei­spiel hat ein 90-jäh­ri­ger Bru­der einen ande­ren Lebens­rhyth­mus als ein 25-jäh­ri­ger Kapu­zi­ner. Zudem gibt es ver­schie­de­ne Arten des Gebets und der Spi­ri­tua­li­tät. Brü­der haben ver­schie­de­ne Auf­ga­ben. Man­che sind bei­spiels­wei­se viel auf Rei­sen, haben sehr umfang­rei­che orga­ni­sa­to­ri­sche Auf­ga­ben oder stu­die­ren Theo­lo­gie, und wie­der ande­re sind viel in „ihrem“ Klos­ter, haben mehr Zeit für Stil­le und Kon­tem­pla­ti­on. So muss jeder sel­ber sei­nen eige­nen Weg fin­den, Arbeit und Kon­tem­pla­ti­on in Ein­klang zu bringen. 

Die Fra­gen beant­wor­te­te Br. Alex­an­der Schröter

Bis­her sind die Kapu­zi­ner-FAQ zu den The­men „Juni­o­rat“, „Novi­zi­at“, „Pro­fess und Gelüb­de“, „Stun­den­ge­bet“ und „Kapi­tel“ erschie­nen. 

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